Die ehemals bayerischen Teile des Saarlandes12 gehörten zunächst zu den beiden
Bezirksämtern Homburg und Zweibrücken, und zwar der größere Teil zum Bezirks¬
amt Zweibrücken, das an den preußischen Kreis Saarbrücken grenzte. Die Stadt
Zweibrücken hatte schon früh, vor allem dank der Initiativen der Unternehmerfamilie
Dingler Bedeutung im Maschinenbau erlangt.13 Ein weiterer industrieller Schwer¬
punkt lag in St. Ingbert, dessen Einwohnerzahl bereits 1875 nahe an die von
Zweibrücken herankam und sie dann 1895 überholte. Dem Eigengewicht des
industriellen Ballungsraumes um St. Ingbert Rechnung tragend bildeten mit Wirkung
zum 1. Oktober 1902 die bayerischen Gemeinden zwischen der Blies und der
preußischen Grenze das neu errichtete Bezirksamt St. Ingbert.14 Die Zuständigkeit
Zweibrückens blieb von nun an bis 1920 auf den schmalen Streifen zwischen der Blies
und der heutigen saarländisch-rheinland-pfälzischen Landesgrenze beschränkt.
Nördlich davon lag das Bezirksamt Homburg, zu dem nur wenige saarländische
Gemeinden gehörten und das sich nach Osten über Landstuhl hinaus erstreckte. Ihm
kam zunächst nur eine Randlage zum Saarrevier zu, die allerdings durch seine Rolle
als Eisenbahnknotenpunkt ausgeglichen wurde. Industriestadt wurde Homburg erst
zu Beginn unseres Jahrhunderts, nachdem die Stadt Gelände zur Ansiedlung von
Großbetrieben erschlossen hatte.
Eine die preußischen Saarkreise zusammenfassende geographische Bezeichnung taucht
erstmals im Jahre 1832 auf. Der Steuerrat Fr. von Poseck II betitelte die von ihm
entworfene Karte der Fabrikstandorte in den Kreisen Saarbrücken, Ottweiler, Saar¬
louis, Merzig und Saarburg Topographische Karte des Saargebietes,15 Das Wort
begegnete oft in den folgenden Jahrzehnten,16 aber vor dem ersten Weltkrieg wurden
darunter nur die preußischen Kreise Saarbrücken, Ottweiler, Saarlouis und St. Wen¬
del, oft auch Merzig, seltener Saarburg, verstanden. Die raumbildenden Impulse der
Wirtschaft spiegeln sich deutlich in dem Zuständigkeitsbereich der Handelskammer
Saarbrücken. Der Bezirk der durch Erlaß vom 26. September 1885 wieder errichteten
Kammer umfaßte die Kreise Saarbrücken, Ottweiler, Saarlouis und St. Wendel.17
12Jacoby, Fritz, Bayern und Preußen an der Saar, in: Richtig daheim waren wir nie.
Entdeckungsreisen ins Saarrevier 1815-1955, hrsg. von Klaus-Michael Mallmann, Gerhard
Paul, Ralph Schock und Reinhard Klimmt, Berlin-Bonn 2. Aufl. 1988 S. 27-30.
13 Hundert Jahre Dingler. Geschichte und Entwicklung der Werke. Ihr heutiger Stand, ihre
Erzeugnisse, Zweibrücken (1927).
14 Gebildet durch Kgl. Allerhöchste Verordnung vom 9. Aug. 1902 (Kreisamtsbl. d. Pfalz 1902
S. 135 f.).
15 Ein Exemplar in Landesarchiv (LA) Saarbrücken Best. Karten 2° Nr. 10.
16 Belege für die Verwendung des Wortes „Saargebiet“ in Meyers Konversations-Lexikon, eine
Encyklopädie des allgemeinen Wissens 3. Aufl. Bd. 13, Leipzig 1879 S. 949: „Saarbrücken. . .
ist Sitz. . . der Direktion der fiskalischen Steinkohlenbergwerke des Saargebiets“, vgl. auch die
Firmierungen „Verein zur Wahrung der industriellen Interessen des Saargebiets“ gegründet
1874, „Verein gegen Wucher im Saargebiet“ gegründet 1886/87. Das Adreßbuch von 1911
nennt „Arbeitgeberverband für das Baugewerbe und verwandte Betriebe des Saargebiets“
(S. 43), „Feuerbestattungsverein für das Saargebiet“ (S. 38), „Verein für naturgemäße Lebens¬
und Heilweise im Saargebiet“ (S. 39), weitere Nachweise bei Hellwig (wie Anm. 17) S. 45 u.
72.
17 Hellwig, Fritz, Die Saarwirtschaft und ihre Organisationen seit der Errichtung der Industrie-
und Handelskammer zu Saarbrücken 1863/64, Saarbrücken 1939.
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