Full text: Das Saarrevier zwischen Reichsgründung und Kriegsende (18)

Die neogotische Pfarrkirche St. Johannes in Altenkessel (Plan: 1899, Bau: 1902-03) 
ist, wie H. B. Busse dargelegt hat,34 ein wichtiges Beispiel für die zentralisierenden 
Tendenzen in der Raumkonzeption auch katholischer Kirchen in den Jahren vor 1900 
und um die Jahrhundertwende. Die schon genannten Ideen von Prälat Schneider 
dürften auch beim Altenkesseler Plan - wenn auch ein wenig „gebremst“ - wirksam 
geworden sein. Gerade die Tatsache, daß die Vierung 0,80 m länger als breit ist - ein 
Maß, das in den Proportionen der Kirche grundgelegt ist (lichte Breite des gesamten 
Schiffes: 19 m; lichte Mittelschiffsbreite: 9 m; Mittelschiffsbreite von Pfeilermitte zu 
Pfeilermitte: 9,80 m; lichte Länge der Vierung: 9,80 m; alle Maße nach dem Plan von 
1899) - unterstützt die Tendenz zu einer gewissen Zentralisierung. Im übrigen ist 
St. Johann in Altenkessel ein vorzügliches Beispiel für Hectors Überlegung und 
Präzision in der Planausarbeitung, seinen gezielten Einsatz der Materialien und seine 
fast asketisch-sparsame Anwendung von Bauzier; letzteres war auch durch die 
Auflage der Sparsamkeit diktiert. Die preußische Regierung gestattete der Kirchenge¬ 
meinde - wie es in anderen Fällen auch hin und wieder geschah - eine Hauskollekte 
im Bereich der Regierungsbezirke Trier, Köln und Koblenz. Die Kollektanten mußten 
über Land ziehen, um für den Kirchenbau in jenen Orten zu sammeln, wo man mit 
Spenden rechnen konnte. 
In Bli esen bei St. Wendel erstellte 1903-04 der Düsseldorfer Architekt Josef Kleesat¬ 
tel35 mit der St. Remigius-Kirche seinen einzigen Kirchenbau im Saarland: einen 
monumentalen Bau im romanischen Stil. Die Hauptwirkung entfaltet der Bau zur 
Straße hin mit seinem mächtigen Chorhaupt: die Hauptapsis wird von Nebenchören 
und Nebenapsiden flankiert; neben den Nebenchören ragen an den Ostseiten des 
ausladenden Querschiffes runde Treppentürme auf. Der ganze Bau ist mit Blendbögen 
und Rundbogenfriesen gegliedert und geschmückt. (Abb. 9). - Die Scheidbögen des 
Inneren sitzen auf Säulen mit Würfelkapitellen. Gotische Rippengewölbe decken das 
Hauptschiff, Kreuzgratgewölbe die Seitenschiffe. - Finanziert wurde der Bau durch 
Sammlungen in der Pfarrei, durch eine Anleihe, durch die Schenkung eines Steinbru¬ 
ches und durch Hand- und Spanndienste. - Die 1986 wieder freigelegte und 
restaurierte Ausmalung der Kirche in Ornament und Szenen ist das Werk des Malers 
Heinrich Klein (und seines Bruders Ernst?) in Merzig, der sich nach den Angaben und 
Vorlagen des Malermönches Pater Paulus Krebs in Beuron richtete. (Abb. 10). Man 
vergleiche in diesem Zusammenhang das Apsisbild der Benediktinerinnenabteikirche 
St. Hildegard in Eibingen; dort hat Pater Paulus im Sinne der Beuroner Schule 
gearbeitet.36 
34 H. B. Busse, Die Pfarrkirche Altenkessel in künstlerischer Sicht, in: 100 Jahre katholische 
Pfarrgemeinde St. Johannes Altenkessel, 1885-1985. Festschrift. Hg. von der katholischen 
Pfarrgemeinde Altenkessel. Saarbrücken 1985, S. 42-46. - Busse (wie Anm. 19), S. 147. 
35 Handbuch (wie Anm. 3), S. 886. - J. Baus, Geschichte der kirchlichen Entwicklung in 
Bliesen, in: Festbuch zum Bliesener Jugend- und Volksfest. . . 1950. - 75 Jahre Pfarrkirche 
St. Remigius Bliesen. Hg. vom Pfarramt St. Remigius Bliesen. 1980. - Zur Restaurierung: 
H. B. Busse, Bliesen, in: Jahresbericht 1987. Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte, 
40, 1988, S. 494 f. - Zu Kleesattel: Thieme-Becker XX, S. 431; Kunst des ^.Jahrhun¬ 
derts im Rheinland (wie Anm. 30), Bd. 2, S. 536 f. (Kurzbiographien, von W. Bertz-Neuer- 
burg). 
36 Zu Pater Paulus Krebs: H. Siebenmorgen, Die Anfänge der „Beuroner Kunstschule“. 
Sigmaringen 1983, S. 20, 181. - Eibingen: Dehio Hessen (1982), S. 189. 
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