Geschäftsstelle „Saar-Verein“, woran auch die Gleichschaltung des Bundes 1933
nichts Prinzipielles änderte.
Nach dem Umzug des Büros des Saargebietsschutzes in die Königgrätzerstraße 94
begann Theodor Vogel seine dortige Arbeit zunächst in zwei Räumen und mit
anfangs nur wenigen Mitarbeitern. Den materiellen Grundstock legte der preußische
Staat mit einem Propagandafonds in Höhe von drei Millionen Mark, während ver¬
schiedene Reichsministerien und andere Behörden das notwendige Inventar zur
Verfügung stellten'1. Unabhängig von der glorifizierenden Selbstdarstellung Vogels
spricht der überlieferte Schriftverkehr der Berliner Zentrale für sich: Schon in dieser
frühen Phase entfaltete Vogel mit einem bescheidenen Apparat, der erst langsam im
Zuge der konkreten Arbeit organisch wuchs* 32, eine außergewöhnlich rege Aktivität.
Keine Gelegenheit ließ Vogel aus, auf die Problematik der Saar aufmerksam zu
machen. Eine Institution oder Vereinigung konnte gar nicht so unbedeutend sein, als
daß ihr nicht mindestens einmal im Laufe der Jahre Informationsmaterial des Bundes
zuging. Anfangs beschränkten sich Vogels Kontakte in der Reichshauptstadt vor
allem auf die preußische Bergbaubürokratie, doch sehr bald erwies sich der Sitz der
Geschäftsstelle in der Königgrätzer Straße33 als eine geschickte Wahl: Nur einen
Steinwurf vom preußischen Abgeordnetenhaus und wenige hundert Meter von den
wichtigsten preußischen Ministerien und Reichsbehörden sowie dem Reichstag
entfernt, war es für Vogel ein leichtes, persönlich vorstellig zu werden und seine
Anliegen vorzutragen.
Bestand anfangs noch die Absicht, die Berliner Geschäftsstelle an den Main zu
verlegen34, dürften sich derartige Pläne spätestens mit der Besetzung Frankfurts im
Frühjahr 1920 zerschlagen haben, da die Niederlassung in Berlin trotz vereinzelter
französischer Spitzel als sicher gelten konnte. Vogels Bemühungen, zur Arbeits¬
erleichterung und Verschleierung in räumlicher Nähe zum Saargebiet Nebenge¬
schäftsstellen aufzubauen, zogen sich hingegen noch bis Ende 1921 hin. Sie scheiter¬
ten entweder an der Finanzierung oder ihrer Enttarnung durch die Franzosen. Als
sich Anfang der dreißiger Jahre abzeichnete, daß es zu keiner direkten Einigung über
die Saarfrage zwischen Frankreich und Deutschland kommen und das Plebiszit wie
vorgesehen 1935 abgehalten werden würde, erlebten diese Pläne eine kurze Renais¬
sance. Dennoch wurde die Filiale in Trier nie realisiert.
Ulrich HERBERT charakterisierte das vor allem in Berlin ausgeprägte Milieu kleinerer
und kleinster Zirkel, literarischer Kreise, konfessioneller und vaterländischer Ver¬
11 Vgl. Protokoll der Sitzung des Aufsichts- und Beratungsausschusses vom 23.03.29 (28.03.29), in: BA-
R 8014/7. Ausführlicher zur Finanzierung der GSV vgl. Kap. 2.6.
32 Zur Gliederung des Geschäftsbetriebes: Vgl. VOGEL: Geschäftsstelle „Saar-Verein“, S. 228. Im Laufe
der folgenden drei Jahre stieg Vogels Mitarbeiterstab auf fünf Personen an: Vgl. BA-R 8014/11.
3 Vgl. MENDE (Hrsg.), Bd. 2, S. 502. Nach dem Tod des langjährigen Reichsaußenministers trug sie ab
Februar 1930 den Namen „Stresemannstraße“, den sie - nach einem zwölfjährigen Intermezzo als
„Saarlandstraße“ - heute wieder führt: Vgl. ebd., Bd. 3, S. 528; Bd. 4, S. 159.
34 Vgl. Brief der GSV an Dröge (26.07.19), in: LA Saarbrücken, NL Vogel 9.
72