gebietes sollten sie dem „Historischen Verein für die Saargegend“ in Saarbrücken zur
Verfügung gestellt werden90.
Es ist schwer zu ermessen, ob der Saargebietsschutz seine selbst gesteckten Ziele er¬
reicht hat. Rückblickend charakterisierte er zehn Jahre später sein Wirken wie folgt:
„Die Aufgabe des Ausschusses für den Saargebietsschutz darf somit als eine ,Rettungsaktion‘
gelten. Durch sie sollte das Saargebiet fiir Deutschland gerettet werden. Wenn dieser Erfolg auch
nicht erzielt worden ist, da durch den Friedensvertrag das Saargebiet von Deutschland tatsächlich
abgetrennt worden ist, so braucht die dem Ausschuß für den Saargebietsschutz gestellte Aufgabe
nicht als unerfüllt und als vergeblich angesehen werden, da doch immerhin nicht zu unter¬
schätzende indirekte Erfolge zu verzeichnen sind. Die Protestbewegung war eine Volksbewe¬
gung, die sich eindrucksvoll gestaltet hat in ihrer Auswirkung auf das In- und Ausland. Die
verschiedenen , Unannehmbar' der ersten Reichsregierung sind zu einem wesentlichen Teil mit
auf die Propagandatätigkeit des Ausschusses für den Saargebietsschutz zurückzuführen. Die
weitgehende Aufklärungsarbeit der letzteren hat aber auch unsere Saarheimat den weitesten
Kreisen Deutschlands nahe gebracht und war eine hervorragende Werbung für Land und Volk an
der deutschen Saar. [...] Das eine steht fest und kann nicht genug hervorgehoben werden, daß das
Saargebiet mit größter Wahrscheinlichkeit das Schicksal Elsaß-Lothringens geteilt hätte, wenn
der Ausschuß für den Saargebietsschutz nicht so erfolgreiche Propaganda getrieben hätte. Es
wäre sonst in gleicher Weise, wie Elsaß-Lothringen, eine direkte Angliederung an Frankreich
ausgesprochen worden.“91
Obwohl diese Behauptungen keine Stütze in den Akten finden und die Propagandaar¬
beit des Saargebietsschutzes weder in den Beratungen des Reichskabinetts noch den
Debatten der Nationalversammlung thematisiert wurde, kann nicht pauschal von
einem Scheitern seiner Bemühungen gesprochen werden. Es waren zahlreiche mehr
oder weniger gewichtige Informationen, die gemeinsam die saarspezifischen In¬
struktionen für die deutschen Friedensunterhändler beeinflußten. Wie die Denkschrift
der Versailler Delegation vom 29. Mai zeigt, gelang es einzelnen Ausschußmit¬
gliedern aufgrund ihres Prestiges und familiärer Verbindungen, dem Standpunkt der
„Saar-Freunde“ Geltung zu verschaffen. Der Erfolg des Saargebietsschutzes war
demnach nicht institutionell-organisatorischer, sondern persönlicher und informeller
Art. Auf der anderen Seite hieße es aber, dem ersten Reichskabinett ein Armuts¬
zeugnis auszustellen, wollte man behaupten, daß es ohne den Saargebietsschutz in
der Saarfrage inaktiv geblieben wäre. Sicherlich besaß die Saar nicht den gleichen -
vor allem emotionalen - Stellenwert wie die bedrohten Ostgebiete, es mangelte aber
keineswegs an eindeutigen Äußerungen der verantwortlichen Politiker in Berlin92.
Die Reichsregierung verfügte auch ohne Exekutivgewalt im besetzten Rheinland über
Informationen aus dem Saargebiet: nichtsdestotrotz war die nachrichtendienstliche
Tätigkeit des Saargebietsschutzes eine wertvolle und erwünschte Ergänzung. Mit
90 Vgl. Brief der GSV an das PrMFinanz (14.02.22), in: BA-R 8014/667.
91 SF 10 (1929) 4. S. 68 f. Im Original gesperrt hervorgehoben.
92 Vgl. die programmatische Erklärung der Reichsregierung vom 13.03.19 vorder Nationalversammlung,
in: Heilfron, Bd, I II, s. 1903. Siehe außerdem: Reden des Zentrumsabgeordneten Gröber vor der
Nationalversammlung am 13.02.19 (6. Sitzung, in: Heilfron, Bd. I, S. 109-123), Brockdorff-Rantzaus
am 14.02.19 (7. Sitzung, in: Ebd.. S. 153 f.), Erzbergers am 19.02.19 (11 Sitzung, in: Ebd., S. 469),
Stegerwalds am 21.02.19 (13. Sitzung, in: HEILFRON, Bd. II, S. 628 f.) sowie AdR, Kabinett Scheide¬
mann, Dok. 21, S. 94 (22.03.19), Dok. 41, S. 159 (14.04.19) und Dok. 44, S. 180 (17.04.19).
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