kontaktiert werden61. Die Zentrale versprach den Veranstaltern, ihren Propagandaap¬
parat zur Verfügung zu stellen und im Vorfeld der Kundgebung an die ansässigen
Kinobetreiber mit der Bitte heranzutreten, Kurzfilme des Saargebietsschutzes zu
zeigen. Ebenso konnte ein Lichtbildvortrag aus 53 Dias mit zugehörigem Text aus¬
geliehen werden62. Die Handlungsanweisungen für die Planung der Veranstaltungen
und Ausgestaltung der Propaganda erfüllten einen doppelten Zweck: Zum einen
sollten sie in der Öffentlichkeitsarbeit weniger versierten Personen ermöglichen, sich
propagandistisch zu betätigen, und zum anderen mußte dem Saargebietsschutz daran
gelegen sein, von allen Werbe- und Aufklärungskampagnen zur Saar Kenntnis zu
erhalten.
Die Redner über die historischen, wirtschaftlichen, geographischen und kulturellen
Themen sollten vor Ort gesucht werden, wozu ihnen umfangreiches Informations¬
material überlassen wurde. Für den Fall, daß keine geeigneten Redner zur Verfügung
standen, empfahl der Saargebietsschutz, sich an aus dem Saargebiet ausgewiesene
Saarländer im Bensheimer Hotel „Germania“ zu wenden63. Für die Deckung der
entstehenden Kosten konnte ein finanzieller Zuschuß beantragt werden64.
Der Verlauf der zahlreichen Protestkundgebungen ähnelte sich stark, orientierte er
sich doch an der traditionellen und vielfach eingeübten Form politischer Feiern. So
lassen sich keine gravierenden dramaturgischen Unterschiede zu den Demonstratio¬
nen des späteren Bundes der Saarvereine und seiner Ortsgruppen erkennen65, al¬
lerdings setzte der Saargebietsschutz andere Prioritäten. Oberstes Ziel jeglicher
propagandistischer Betätigung mußte sein, die Annexion zu verhindern bzw. die
französische wirtschaftliche Dominanz zu brechen. Meist wurde in drei Schritten
historisch, ökonomisch und völkisch-national in Abgrenzung zu Frankreich argumen¬
tiert: Zunächst richteten sich energische Proteste gegen die französische These, es sei
ein Akt historischer Wiedergutmachung, wenn das Saarbecken zurück an Frankreich
falle. Eng damit verbunden, quasi die andere Seite der gleichen Medaille, war die
Betonung des Jahrhunderte währenden „urdeutschen“ oder „kerndeutschen“ Charak¬
ters des Saargebiets und der blutsmäßigen Stammesverwandtschaft seiner Einwohner
mit anderen Deutschen. Schließlich und endlich wurde mit einer ähnlichen Argumen¬
61 Die Geschäftsstelle des SGS befand sich in der Berliner Zimmerstraße 72-74, jedoch trugen vereinzelte
Schreiben schon die Adresse des spätere Saar-Vereins, Königgrätzer Str. 94 (erstmals am 21.02.19, in:
BA-R 8014/835). Ihre Leitung lag in den Händen von Karl Rupp, Prokurist Lutz und Albert Schmidt¬
born, die alle drei dem Röchlingschen Unternehmensverbund angehörten: Vgl. SF 10 (1929) 7, S. 130.
62 Etwa zehn jeweils einige Minuten lange Schwanzfilme wiesen auf die wirtschaftliche Bedeutung der
saarländischen Kohle für die deutsche Gesamtwirtschaft hin bzw. warben für die jeweilige Versamm¬
lung. Der „eiserne Film“ über ein saarländisches Hüttenwerk besaß eine längere Spieldauer und war in
fünf Kopien ebenfalls über die Geschäftsstelle des SGS erhältlich: Vgl. Brief der GSV an das PrMFi-
nanz (14.02.22), in: BA-R 8014/667.
63 Genannt wurden Dr. Otto Zülessen, Pfarrer Rudolf August de Haas, Theodor Vogel, der Syndikus der
Burbacher Hütte, Dr. C. Brettschneider, sowie Oberstleutnant von Pilchrim: Vgl. Brief des SGS an die
Stadt Bremen (15.04.19), in: Staatsarchiv Bremen, 3-V.2/ 2053.
64 Über eine derartige finanzielle Handlungsfreiheit verfügte die spätere GSV nicht mehr.
65 Siehe hierzu Kap. 2.5, 4.4 und 4.5
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