Full text: ‚‚Deutsch die Saar, immerdar!‛‛

gegenüber seinem Neustädter Konkurrenten Josef Bürckel zu verbessern. Kaum hatte 
sich dieser im Sommer 1934 als Saarbevollmächtigter durchgesetzt, übertrug Simon 
den Vorsitz an seinen bisherigen Stellvertreter. 
Nach der Gleichschaltung des Bundes sank dessen Bedeutung als Propaganda¬ 
organisation. da Parteigliederungen und andere Verbände in zunehmendem Maße die 
Rolle einnahmen, die die Saarvereine jahrelang monopolartig verteidigt hatten. Sie 
waren innerhalb der Saarpropagandamaschinerie fortan nur ein Rädchen unter vielen 
anderen. Hierdurch mußte der Bund nicht nur gegen die Propaganda der Rückglie¬ 
derungsgegner ankämpfen, sondern sich ebenso gegenüber der privaten, parteinahen 
und staatlichen Propagandakonkurrenz behaupten. 
Die nationalsozialistische Reichsregierung usurpierte in den beiden letzten Jahren vor 
der Abstimmung die traditionellen Saarkundgebungen des Bundes für ihre eigenen 
Zwecke. Nicht zuletzt die Anwesenheit Hitlers wirkte als Publikumsmagnet, der 
Hunderttausende von Schaulustigen in den Jahren 1933 und 1934 an den Rhein nach 
Rüdesheim bzw. Koblenz zog. Dort präsentierte sich mit großem Aufwand ein 
kraftvolles „neues Deutschland“ der Weltöffentlichkeit,; seiner Volksgemeinschaft 
hatten die Rückgliederungsgegner an der Saar nichts Adäquates entgegenzusetzen. 
Im unmittelbaren Vorfeld der Abstimmung unterstützte der Bund der Saarvereine die 
reichsdeutschen Behörden bei der Erfassung der Abstimmungsberechtigten, der 
Koordinierung der Sonderzüge und der Betreuung von Angehörigen und Pflegebe¬ 
dürftigen. Obleute des Vereins gaben das amtliche Material an die Abstimmungs¬ 
berechtigten weiter, halfen als Transportleiter in den Zügen und stimmten die Saar¬ 
länder in den letzten Wochen mit einem aufwendigen propagandistischen Rahmen¬ 
programm auf den lange erwarteten „Tag X“ ein". 
Wenngleich mangels soziodemographischer Untersuchungen keine unmittelbaren 
Rückschlüsse auf das Wahlverhalten der reichs- und auslandsdeutschen Abstim¬ 
mungsberechtigten möglich sind, dürfte unter ihnen der Anteil der Status-quo-Anhän¬ 
ger oder gar Befürworter einer Vereinigung mit Frankreich aufgrund der anfänglich 
allgemeinen Akzeptanz des neuen Regimes in Deutschland zu vernachlässigen sein1:. 
Es kann natürlich kein Zweifel daran herrschen, daß es den Nationalsozialisten 
ebenfalls gelungen wäre, die Abstimmungsberechtigten zu erfassen und für die dritte 
Option zu mobilisieren. Die Existenz des Bundes der Saarvereine gestattete es den 
Partei- und Regierungsstellen allerdings, ohne größere Anlaufschwierigkeiten auf 
bestehende Strukturen im gesamten Reichsgebiet zurückzugreifen und sich ihrer im 
Abstimmungskampf zu bedienen. 
11 Regimekritische Zeitgenossen wurden der permanenten Präsenz der Saar in der reichsdeutschen 
Öffentlichkeit überdrüssig: Vgl. Tagebucheinträge EBERMAYERS vom 08.01.35, 10.01.35 („Der 
Saar-Rummel nimmt täglich zu. Es ist zu deutsch gesagt, zum Kotzen. Wenn sie bloß endlich heimkehr¬ 
te ins Reich - damit Ruhe wird! |...]“) und 13.01.35 (S. 462 ff.). 
12 Unsicheren Kantonisten verweigerten die deutschen Behörden ohnehin die Freifahrscheine. 
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