Full text: ‚‚Deutsch die Saar, immerdar!‛‛

gewählten Vertreterder Bevölkerung gehört werden (§§ 23, 26)m. Der Gebrauch der 
Muttersprache, das bestehende Schulsystem, die religiösen Freiheiten und örtlichen 
Vertretungen wurden ausdrücklich garantiert (§ 28). Die Regierungskommission war 
für den Schutz der Interessen der Saarbevölkerung im Ausland verantwortlich. Gegen 
den Widerstand der Reichsregierung übertrug sie diesen bereits im Sommer 1920 
dem französischen Staat und schuf durch eine ebenso umstrittene Verordnung vom 
23. Mai 1921 für die Saarländer und zugezogene Ausländer die „Eigenschaft als 
Saareinwohner"11:. Im Saargebiet bestand weder eine allgemeine Wehrpflicht noch 
freiwilliger Heeresdienst: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sollteeine 
örtliche Gendarmerie eingerichtet werden (§ 30), deren Aufbau allerdings nur schlep¬ 
pend vonstatten ging111 113. 
Das dritte und letzte Kapitel des Saarstatuts regelte die Volksabstimmung über die 
künftige staatsrechtliche Stellung des Saargebiets: 
„A l'expiration d'un délai de quinze ans, à compter de la mise en vigeur du présent Traité, la 
population du territoire du Bassin de la Sarre sera appelée à faire connaître sa volonté comme il 
suit: 
Un vote aura lieu par commune ou par district et portera sur les trois alternatives suivantes: 
a) maintien du régime établi par le présent Traité et par la présente Annexe; 
b) union à la France; 
c) union à l'Allemagne." 
Unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Nationalität oder ihrem Stand sollten alle 
Personen stimmberechtigt sein, deren Wohnsitz am 28. Juni 1919 in den Grenzen des 
Saargebietes gelegen hatte und die am Tag der Abstimmung das 20. Lebensjahr 
vollendet hatten. Es oblag dem Völkerbundsrat, zu gegebener Zeit detaillierte Aus¬ 
führungsbestimmungen und den genauen Zeitpunkt des Plebiszits festzulegen (§ 34). 
Die endgültige Entscheidung über den Verbleib des Saargebiets, also die Inter¬ 
pretation des Abstimmungsergebnisses, blieb ebenfalls dem Völkerbund Vorbehalten, 
wobei explizit auch die Möglichkeit einer Teilung des Gebietes in Betracht gezogen 
werden konnte (§ 35). Für den Fall, daß die Abstimmung zugunsten Deutschlands 
ausgehen würde, war das Reich zum Rückkauf der Eigentumsrechte an den Gruben 
111 Bis zur Errichtung des Landesrates nahmen lediglich die lokalen Vertretungen zu Verordnungs¬ 
entwürfen der Reko Stellung. Es blieb der Saarregierung aber Vorbehalten, über die näheren Modalitä¬ 
ten zu entscheiden, d.h. sie war nicht an die gutachterlichen Empfehlungen der Kreistage und 
Verordnetenversammlungen gebunden. Eine grundlegende Veränderung trat durch den 1922 einge¬ 
richteten Landesrat nicht ein, dem die üblichen parlamentarischen Befugnisse wie das Initiativrecht, 
das Interpellationsrecht oder das Budgetrecht vorenthalten blieben. Die fehlende Immunität der 
Abgeordneten - per Wahlordnung ausschließlich gebürtige Saarländer - verhinderte die Kontrolle der 
Regierung. Ungeachtet dieser überholten Relikte des klassischen Obrigkeitsstaates entwickelte sich 
der Landesrat zu einem wichtigen Sprachrohr der Interessen des Saargebiets: Vgl. ZENNER: Parteien 
und Politik. 
Vgl. Verordnung Nr. 530 (23.05.21), in: Amtsblatt der Reko 2 (1921) 4. S. 92 f. Ziel der Verordnung 
sei es gewesen, „das reinrassige deutsche Saargebiet [... | im Sinne französischer Aspirationen in eine 
Mischrasse“ zu verwandeln: SF 8 (1927) 4. S. 52. Vgl. hierzu GEIERSBACH, S. 24-38. 
11' Vgl. BliMILLER: RUSSELL: The International Government. S. 184-197. Siehe hierzu Kap. 3.3.1. 
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