Produktwerbung aufzeigen: Die durch konkurrierende „Produkte“ in Bedrängnis
geratene Marke „Deutsches Saargebiet“ wurde gleichermaßen zielgruppenspezifisch
als auch an ein breites Publikum gerichtet beworben und verschiedene Kampagnen
sorgten für ein positives Image, so daß die „Konsumenten“ erneut Vertrauen fassen
konnten. Zugleich verfügte das Produkt übereinen prägnanten Slogan und ein Logo
zur Stärkung der „Corporate Identity.“
Die positive Besetzung des Themas „Deutsche Saar“ versprach eine über den engen
Kreis der Besucher von Vortragsveranstaltungen und Versammlungen hinaus rei¬
chende Solidarisierung. Doch lag der Reiz, derartigen Kundgebungen beizuwohnen,
nicht allein an deren Unterhaltungswert, sondern die Aufmärsche boten zugleich die
Möglichkeit, politische Überzeugungen ohne größeren Aufwand - und vor allem:
ohne sich in die Niederungen der verachteten Parteipolitik begeben zu müssen - zur
Schau zu tragen. Das Publikum konnte selbst entscheiden, ob es der Veranstaltung
beiwohnen wollte oder eben nicht; ein Fernbleiben hatte ebensowenig längerfristige
Konsequenzen wie das Mitmarschieren. Nach innen förderten formal verbindliche
Bekenntnisse wie das gemeinschaftliche Singen nationalen Liedgutes oder das
Mitsprechen bekannter Gebete und Schwüre die Einheit und Geschlossenheit der
Versammlung, welche zugleich nach außen demonstriert werden sollte. Dramatur¬
gisch geschickt suggerierte das kollektive Singen den Teilnehmern zumindest punktu¬
elle Übereinstimmung und vermittelte dem einzelnen durch das Verschmelzen mit der
Masse das Gefühl, auf der richtigen Seite zu stehen.
Zusammenfassend lassen sich folgende Hauptfunktionen der Propaganda des Bundes
der Saarvereine erkennen: Gegen die französische Besatzung, gegen die französische
„Administration des Mines Domaniales“, gegen Frankreich als Nation, gegen die
Politik der vom ehemaligen Kriegsgegner dominierten Regierungskommission und
gegen den im französischen Fahrwasser schwimmenden Genfer Völkerbund wurde
von Anfang an in heftiger Weise polemisiert. Jeder noch so belanglose Verstoß gegen
die Versailler Friedensordnung - oder zumindest das, was die Redaktion als solchen
empfand - schlug sich umgehend in Presseartikeln und Vorträgen nieder, wurde
kontinuierlich wiederholt und in manchen Fällen nach Jahren erneut aufgegriffen.
Die Leser und Zuhörer, die in aller Regel kaum Zweifel am Wahrheitsgehalt der¬
artiger Berichte gehabt haben dürften, wurden durch sie in ihrem (Vor-) Urteil
regelmäßig bestätigt. Durch diese Polemik entwickelte sich der Bund der Saarvereine
zu einem permanenten Störfaktor der saarländischen Innenpolitik, denn alles, was
nicht geeignet oder geneigt schien, die deutsche Position zu stärken, geriet in den
Bannkreis der Verachtung und Ausgrenzung,
272