vom 13. Januar 1935. die Saar und vor allem ihre Metropole als Paten zur Benennung
von Straßen heranzuziehen236. Die mit großem Aufwand inszenierten Einweihungs¬
feierlichkeiten fügten sich damit in die lange Reihe der Versuche ein. die abstim¬
mungsberechtigten Saarländer zu hofieren.
* * *
Die Propagandamittel des Bundes der Saarvereine beschränkten sich nicht allein auf
die verbale oder literarische Kommunikation. Nichts wurde unversucht gelassen, was
geeignet schien, die reichsdeutsehe und ausländische Öffentlichkeit vom deutschen
Charakter des Saargebietes zu überzeugen. Vergleichbar mit kommerzieller Werbung
galt es, das Produkt ..Deutsche Saar“ allerorts bekannt zu machen und es zugleich mit
einem positiven Image zu besetzen. Mit dem gleichen Ziel fanden auch die Vereins¬
begegnungen im Reich statt, und engagierte sich die Geschäftsstelle „Saar-Verein“
karitativ. Am Beispiel der Flüchtlingsfürsorge wurde bereits deutlich, daß die unbü¬
rokratische Betreuung. Versorgung und gegebenenfalls Alimentierung geflüchteter
und vertriebener Saarländer sowohl bei den unmittelbar Betroffenen als auch bei
deren Angehörigen und sonstigen Abstimmungsberechtigten dem Eindruck entgegen¬
wirken sollte, daß die Saar von reichsdeutscher Seite aufgegeben worden sei. Kon¬
krete Hilfsmaßnahmen mußten zwar von Regierungsseite getroffen und finanziert
werden, die Werbung konnte aber von niemandem besser geleistet werden als von
einer privaten Organisation.
Der Vergleich der Saarvereinspropaganda mit kommerzieller Produktwerbung läßt
sich über die Inhalte hinaus auch an der äußeren Symbolik des Vereins festmachen,
der über einen prägnanten Slogan und über ein optisches Erkennungszeichen verfüg¬
te. „Deutsch die Saar immerdar“, die verkürzte erste Zeile des bekanntesten Saarlie¬
des der Zwischen- und Nachkriegszeit, tauchte nicht nur im Titel verschiedener
Publikationen und Plakate der Geschäftsstelle „Saar-Verein“ auf, sondern sie entwik-
kelte sich schließlich zu einer Art obligatorischer Schlußformel nach Saarvorträgen.
„Deutsch die Saar immerdar“ war die auf eine kurze Parole reduzierte Antwort auf
die französische These, daß die Saarländer wenn schon nicht französisch, so doch
zumindest frankophil seien. Es war das Feststelien des nationalen Status quo, wie es
auch die Zuversicht über die künftige staatsrechtliche Zugehörigkeit des Saargebietes
ausdrückte. Stetige Wiederholung und regelmäßiges Aufgreifen sollte den Zuhörern
und Lesern die Parole so oft einhämmern, bis sie von den Rezipienten als Tatsache
empfunden wurde237. Im Abstimmungskampf okkupierten die Nationalsozialisten das
236 Vgl. SF 15 (1934) 8, S. 145; SF 15 (1934) 10, S. 185 f.; SF 15 (1934) 13, S. 252; SF 15 (1934) 22,
S. 473; SF 15 (1934) 26, S. 577.
23' Vgl, hierzu: LE BON, S. 88 f. Auf dieser sprachlichen Ebene wurde die Bekräftigungsformei stets von
Phrasen wie „deutsche Saar“, „saardeutsch“ und „Saardeutsche“ als Synonyme für das Saargebiet,
saarländisch und den Saarländer flankiert. Zur Funktion von Parolen und Schlagwörtern als Mittel der
Kommunikation mit einer heterogenen Masse vgl. Dieckmann: Sprache in der Politik, S. 101-106;
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