rigen Phase, in welcher der „Saar-Freund“ zwar nicht offiziell indiziert, aber sein
Vertrieb eingeschränkt war, gehörte er zu den ersten Zeitungen, die im März 1923 im
Zuge einer Notverordnung vorübergehend verboten wurden83. Das dauerhafte - und
erst im Januar 1935 aufgehobene - Einfuhr- und Vertriebsverbot erfolgte Anfang
Oktober des gleichen Jahres aufgrund der „Ersatz-Notverordnung“ vom 18. Juni
192384.
So sehr Vogel auch nach außen bemüht war, das Verbot als Indiz für die Effizienz
der Saarvereinsarbeit darzustellen, welche der französisch dominierten Regierungs¬
kommission offensichtlich unangenehm sei85, appellierte er doch vergeblich an jeden
ihrer Präsidenten, das Verbot aufzuheben. Die Geschäftsstelle „Saar-Verein" umging
aber das Verbot, indem sie die Zeitschrift einzeln in neutralen Umschlägen an die
bekannten Abonnenten schickte oder ihren Saar-Vertrauensleuten Sammelpakete
zustellte. Obwohl Vogel darauf achtete, unverdächtige Absender zur Tarnung ein¬
zusetzen, gingen immer wieder für die Verteilung an der Saar bestimmte Auflagen
des „Saar-Freund“ den Kontrolleuren der saarländischen Behörden ins Netz86.
Zeitweise versuchte die Geschäftsstelle, den „Saar-Freund“ unter einem anderen
Namen und verändertem Umschlag in das Saargebiet und das besetzte Rheinland zu
schmuggeln8 . Daß sie damit Erfolg hatte, mußten selbst seine Gegner eingestehen:
„Im Saargebiet verboten, zirkulierte er [der „Saar-Freund“ - F.B.] ohne allzu viel
Hindernisse doch überall.“88
Die Pressepropaganda des Bundes konnte sich nicht darauf beschränken, Saar¬
angelegenheiten im eigenen Blatt zu thematisieren, sondern mußte weitere Redaktio¬
nen im In- und Ausland für die Forderung nach Rückgliederung der Saar an das
Deutsche Reich gewinnen. Erst durch eine solche publizistische Breitenwirkung
83 Neben einigen anderen Blättern mit kürzeren Verbotsfristen wurde er zusammen mit der „L’Humanité“,
dem „Simplicissimus“ und dem Stuttgarter „Wahren Jakob“ auf sechs Monate verboten: Vgl. SF 4
(1923) 6/7, S. 82 f.; Verordnung Nr. 209 (31.03.23), in: Amtsblatt der Reko 4 (1923) 7, S. 62; Bal-
DAUF, S. 112 f.
84 Vgl. SF 4 (1923) 21, S. 273; Verordnung Nr. 559 (03.10.23), in: Amtsblatt der Reko 4 (1923) 24. S.
226; NSK Nr. 239 (13.10.23). Vgl. allgemein: BA-R 8014/1094; LA Saarbrücken, Saar-Verein 5.
85 Vgl. Denkschrift der GSV (01.04.20), in: BA-R 8014/2; Brief der GSV an das AA (24.01.24), in: PA
AA. II a Saargebiet, R 76.091.
86 Vgl. SF5 (1924) 12,S. 178. Zehn Jahre später, am 16.02.34, waren 3.000 Exemplare auf dem Hauptgü¬
terbahnhof Saarbrücken beschlagnahmt worden, weshalb Vogel für den 15.05.34 vor diel. Strafkammer
des Landgerichts Saarbrücken geladen wurde. Ihm drohten als Vertreiber der verbotenen Schriften nach
einer Verordnung vom 28.11.33 zwei Wochen bis drei Monate Haft: Vgl. Briefe des AA an Vogel
(18.04.34) und Koßmann (24.04.34). in: PA AA, II a Saargebiet, R 76.097; Brief der GSV an Posselt
(22.05.34) , in: LA Saarbrücken, Saar-Verein 6.
87 Vgl. Brief der GSV an die RVP (03.01.24), in: BA-R 1603/2521 ; KOSZYK, S. 84-102.
88 BRINGOLF, S. 234. Es bedurfte sogar noch währenddes Abstimmungskampfes erst eines Hinweises der
„Volksstimme“ (Nr. 67 (20.03.34)), damit die in der Saarbrücker Stadtbibliothek ausliegende Ausgabe
des SF von der Polizeidirektion beschlagnahmt wurde: Vgl. Brief Dr. Kochs an die GSV (22.03.34), in:
BA-R 8014/1094.
236