oder einer Volksabstimmung unterworfen wurde. Im Herbst 1919 gründete eine
Konferenz verschiedener Ministerien und Verbände im Auswärtigen Amt die über¬
parteilich und betriebswirtschaftlich gewinnorientierte „Konkordia Literarische
Anstalt GmbH“, die zu gleichen Teilen vom Reich und Preußen finanziert wurde. In
den Anfangsjahren der Weimarer Republik entwickelte sich die Konkordia zu einem
der wichtigsten Faktoren der Deutschtumsarbeit; sie weitete ihre Tätigkeit sukzessive
von den Ostgebieten auf weitere gefährdete Regionen des Reiches aus, wo es galt,
deutschen bzw. deutschsprachigen Zeitungen das erforderliche wirtschaftliche
Fundament zu schaffen12. Wichtigste Persönlichkeit der Konkordia war ihr Ge¬
schäftsführer Max Winkler12’, der die Fäden der Gesellschaft mit ihren zahlreichen
Nebengründungen bis in die Zeit der nationalsozialistischen Diktatur in der Hand
hielt. Wegen der Auflösung des Saarausschusses als Folge der Affäre Ollmert konnte
die vorgesehene Summe von drei Millionen Mark an der Saar nicht mehr zur Auszah¬
lung gelangen. So wurde die „Saarbrücker Zeitung“ im Dezember 1920 das erste
Unternehmen, das Winkler für sein Konsortium erwarb. Sein Vorgehen in diesem
Fall war symptomatisch: Zur Sicherstellung der Geheimhaltung* 14 übernahmen pro
forma ortsansässige Persönlichkeiten Anteile an dem betreffenden Unternehmen oder
traten offiziell als Finanziers auf. Wie in anderen Fällen blieb der wirkliche Treuhän¬
der. die Konkordia, im Hintergrund und nahm keine einschneidenden Veränderungen
vor, bestand aber auf Einsicht in die Bilanzen. Die von Winkler gewinnbringend
verwalteten Gelder boten die Möglichkeit, Blätter, die sich schon im französischen
Fahrwasser befanden, wieder auf deutschen Kurs zu bringen. Unterhalb der Ebene
der offiziellen deutschen Außenpolitik intervenierte Winkler damit zugunsten der
nationalen Ausrichtung der Unternehmen, enthielt sich aber Eingriffen in die jeweili¬
ge ideologische oder parteipolitische Haltung und bewahrte somit die Segmentierung
des saarländischen Zeitungsmarkts. Letztendlich unterstützte die Konkordia während
i: Vgl. zur Organisation der Konkordia: WERMUTH, S. 26-31; KOSZYK, S. 271-274. Das Aufgabengebiet
der Konkordia umfaßte den Aufkauf und das selbständige Weiterführen gefährdeter Zeitungsunterneh¬
men bzw. finanzielle Unterstützungen an diesselben, Gewährleistung einer ausreichenden Papier¬
versorgung sowie Zahlung von Beihilfen infolge von Erscheinungsverboten: Vgl. undatiertes Protokoll
der RVP-Sitzung vom 16.12.20, in: BA-R 1603/2538.
]' Der DDP-Abgeordnete (1875-1961) im Preußischen Landtag und ehemalige Bürgermeister von
Graudenz war zugleich stellvertretender Vorsitzender der „Deutschen Stiftung“ und wurde 1926
ebenfalls Geschäftsführer der neu gegründeten OSSA: Vgl. Wermuth, S. 42 f.; KREKELER: Deutsch¬
tumspolitik. S. 58-64. Winkler entspricht der MoHLERscben Klassifikation des Managers der „Kon¬
servativen Revolution“: Vgl. Möhler, S. 66. Dem Aufsichts- und Beratungsausschuß der GSV gehörte
Winkler seit 1923 an.
14 Abgesehen von der Vorgabe der Reichs- und Staatsregierung, keine Rückschlüsse auf den Ursprung der
beträchtlichen Subventionsmittel ziehen zu können, sprachen auch pragmatische Gründe für die
Diskretion Winklers: Das Wissen von der Existenz einer derartigen Geldverteilungsorganisation wie der
Konkordia hätte massenhafte Unterstützungsgesuche geradezu provoziert. Ferner wäre die Wirkung der
dosierten Lancierung von Presseartikeln verpufft, wenn die offiziellen Kanäle der Informationen und
Gelder in der Bevölkerung bekannt geworden wären; entsprechende Gegenmaßnahmen der auslän¬
dischen Staatsorgane in den Grenzgebieten wären außerdem die Folge gewesen: Vgl. Wermuth, S.
268-279.
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