amtlichen Herausgeber in Erscheinung traten. Der wahre Charakter der Korrespon¬
denz. deren Ausdehnung auf den unbesetzten Teil des Reiches in Erwägung gezogen
wurde, sollte somit verborgen bleiben. Konkret schlug Vogel den Aufbau eines
politisch-wirtschaftlichen Nachrichtendienstes mit belletristischem Feuilleton vor. In
Verhandlungen mit den Besitzern, Herausgebern und Redakteuren der saarländischen
Zeitungen sollten deren Wünsche und Ziele festgestellt und bei Bedarf die Blätter
auch finanziell subventioniert werden. Dies bot nach Ansicht Vogels die Möglich¬
keit, korrigierend in die personelle Besetzung der Redaktionen einzugreifen. Wegen
der großen Gefahr der Unterwanderung durch französische Spitzel sollte der Aufbau
dieser Presseorganisation nicht der Zentrale für Heimatdienst übertragen werden.
Statt dessen schien die konspirative Struktur des Saarvereins die notwendige Dis¬
kretion zu gewährleisten, wobei das neue Pressebüro formal unabhängig vom Saar¬
verein bleiben sollte, um die Arbeitsfähigkeit der Geschäftsstelle bei den zu erwarten¬
den französischen Gegenmaßnahmen aufrechtzuerhalten. Als Leiter brachte Vogel
den zehn Jahre jüngeren Kristian Kraus ins Gespräch, der schon die Presseabteilung
des Saargebietsschutzes aufgebaut hatte3.
Zumindest in Teilbereichen signalisierten die Behörden ihre Zustimmung zu Vogels
Konzept4, was diesen ermutigte, wenige Monate später Hilfsmaßnahmen zugunsten
der Saarpresse anzuregen. Vogel plädierte für die Unterstützung bereits bestehender
Verlage und Zeitungen anstelle der Neugründung eines umfangreichen, von den
Reichsstellen finanziell subventionierten und gesteuerten Presseunternehmens.
Hiergegen führte er nicht nur Kostengründe ins Feld, sondern gab zu bedenken, daß
ein neues Blatt unweigerlich die Aufmerksamkeit der Franzosen auf sich gezogen
hätte und wegen seines offensichtlich offiziösen Charakters ohnehin kaum zur
saarländischen Bevölkerung vorgedrungen wäre. Da sich die,,Saarbrücker Zeitung“
inzwischen vom Verdacht der Franzosenfreundlichkeit befreit habe, müsse alles
getan werden, um das Übergleiten dieses traditionsreichen nationalliberalen Blattes
in die Hände Frankreichs abzuwehrerP. Hierzu sollte unter anderem ihr Papier¬
kontingent auf die doppelte Menge, also 130-140 t monatlich erhöht werden, eine
Staatsfernsprech-Verbindung sollte zwischen Berlin und Saarbrücken zur zuverlässi¬
gen Nachrichtenübermittlung eingerichtet werden, wie auch die Behörden bei der
Gründung eines Berliner Büros Hilfe leisten sollten. Mit der Koordinierung dieser
Aufgaben wollte Vogel den Lokalredakteur der „Saarbrücker Zeitung“ Richard
Der Neunkircher Kraus (1880-1970) hatte Germanistik, Literaturgeschichte, Philosophie und Ge¬
schichte in Berlin und München studiert, wo er promoviert wurde. Schon während des Krieges hatte er
die Nachrichtenabteilung der deutschen Botschaft in Konstantinopel geleitet; unmittelbar nach dem
militärischen Zusammenbruch arbeitete er zunächst in der Berliner Zentrale des AA: Vgl. Knebel.
4 Zwei saarländischen Redaktionen erhielten über Vogels Frankfurter Vertrauensmann je 20.000 Mark
aus Reichsmitteln. Der finanzielle Zuschuß war an die Voraussetzung geknüpft, daß beide Blätter
einerseits ihren Straßenverkauf ausbauten und andererseits ihre bisherige prodeutsche Einstellung nicht
änderten: Vgl. Brief der GSV an Lillig (13.09.19), in: BA-R 8014/340.
5 Der Verleger Hofer wurde zu dieser Zeit von einem französischen Zeitungskonsortium bedrängt, seine
Mehrheitsanteile an der Zeitung abzutreten: Vgl. BRUCH: Weg und Schicksal, S. 148.
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