Arbeiterschaft im Saargebiet wohlgelitten und verfügte dort über einflußreiche
Fürsprecher.
Die Propaganda des Bundes der Saarvereine besaß sowohl eine konstruktive als auch
eine destruktive Komponente. Konstruktiv an ihr war. daß die reichsdeutsche und
ausländische Öffentlichkeit über die Verhältnisse an der Saar aufgeklärt, zur Unter¬
stützung der Vereinsarbeit motiviert und die verantwortlichen Politiker in Berlin bzw.
München zu entsprechenden Maßnahmen veranlaßt werden sollten. Konstruktiv
waren ebenso die Bemühungen, der saarländischen Bevölkerung das Gefühl einer
Solidargemeinschaft zwischen Reich und Saar zu vermitteln und sie hierdurch in
ihrer prodeutschen Haltung zu stützen. Destruktiv hingegen waren die Versuche, die
Konsolidierung der Verhältnisse zu unterminieren. Maßnahmen der Franzosen und
der Regierungskommission zu sabotieren oder das Saargebiet zu einem permanenten
Störfall der deutsch-französischen Beziehung zu machen. Dabei mag es gleicherma¬
ßen an der Besonnenheit und an der Ignoranz der verantwortlichen Stellen in Saar¬
brücken. Paris und Genf gelegen haben, daß sie nicht entschiedener gegen die Politik
der Nadelstiche aus der Berliner Königgrätzer Straße vorgingen. Mit der Beobach¬
tung der französischen Propaganda im Saargebiet konnte sich die Geschäftsstelle
„Saar-Verein“ bei den reichsdeutschen Behörden durch die Weiterleitung mehr oder
weniger vertraulicher Berichte als kompetente und nützliche Informationsquelle
profilieren, was sich darin zeigte, daß die Übermittlung tatsächlicher oder zumindest
unterstellter französischer Propagandakonzepte stets mit konkreten Vorschlägen zu
unverzüglich einzuleitenden Gegenmaßnahmen einherging. Hierdurch erhielt die
Saarorganisation eine weitere Gelegenheit, ihre eigene Notwendigkeit unter Beweis
zu stellen und damit die künftige Finanzierung zu sichern. Vogel zögerte in diesem
Zusammenhang nicht, die Trumpfkarte der vermeintlich wesentlich erfolgreicher
agierenden französischen nichtstaatlichen Organisationen auszuspielen; ebensowenig
fehlten in den Berichten über die französische Propaganda an der Saar die Hinweise
auf die scheinbar immensen, aber selten genauer spezifizierten finanziellen Ressour¬
cen497. Dabei mußten Vogel und seine Mitstreiter allzu oft den Spagat unternehmen,
auf der einen Seite die Zukunft des Saargebietes ohne entsprechende deutsche
Abwehrmaßnahmen in den dunkelsten Farben zu malen und so die Gefahr möglichst
drastisch zu schildern, ohne den gegnerischen Organisationen damit den Nimbus der
Stärke zu verleihen, der sie für die Saarländer attraktiv gemacht hätte.
497 Vgl. exemplarisch SF 1 (1920) 18, S. 180; SF 2 (1921) 17, S. 233 ff.; SF 2 ( 1921) 21, S. 313; SF 5
(1924) 1, S. 1 f.; SF 5 (1924) 21, S. 329 f.; SF 7 (1926) 2, S. 30 f.; SF 9 (1928) 9, S. 129 f.; SF 9
( 1928) 13, S. 216-220; SF 12 ( 1931 ) 4, S. 55. Anfang der zwanziger Jahre standen dem Präsidenten
der Reko hingegen lediglich monatlich 15.000 Francs zur Verfügung, wovon nur ein Drittel aus¬
schließlich für propagandistische Zwecke verwendet werden konnte. Weitere 39.000 Francs für die
„Administration des Mines“ waren größtenteils zweckgebunden, beispielsweise für die Unterstützung
des NSK ( 15.000 Francs) oder die „Société des Alsaciens-Lorrains“ ( 10,000 Francs): Vgl. Annexe 1
in der Note des Direktors Laroche (02.03.23), in: MAE, Sarre 7.
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