eher separatistisch als tatsächlich frankophil orientierten Saarbundes387, sei es die
Behauptung, daß Frankreich nach seiner politischen Niederlage im Kampf um die
Annexion der Saar nun auf wirtschaftlichem Terrain versuche, sich Vorteile über den
Tag der Rückgliederung hinaus zu sichern388 392, oder sei es das Scheitern der Pariser
Verhandlungen - stets zog die Geschäftsstelle ..Saar-Verein“ aus der drastischen
Schilderung der permanent drohenden Gefahren für das deutsche Saargebiet das
gleiche Fazit: Die deutsche Seite müsse nun ebenfalls auf den Plan treten, um der
verschlagenen, aber überaus erfolgreichen französischen Propaganda Paroli bieten zu
können. Untrennbar damit verbunden war die Forderung, entsprechende finanzielle
Hilfsmittel für die eigene Organisation zur Verfügung zu stellen’89. Als sich in der
zweiten Hälfte der zwanziger Jahre eine Entspannung des deutsch-französischen
Verhältnisses abzuzeichnen begann, kam die „optimistische Stimmungsmache“ des
Auswärtigen Amtes dem Verein höchst ungelegen, stellte sie doch das jahrelang
sorgfältig aufgebaute und gepflegte Bedrohungspotential in Frage, durch welches
sich die finanzielle Unterstützung des Bundes rechtfertigen ließ. Aus Furcht, der
deutsch-französischen Verständigungspolitik zum Opfer zu fallen, rissen die regel¬
mäßigen Hinweise auf die trotz allem noch immer nicht beseitigten Gefahren nie
ab'91. Gleichwohl hatten sich die Phrasen im Laufe der Jahre abgenutzt, zumal die
Rahmenbedingungen für die Saarländer ab der zweiten Hälfte des Jahrzehnts erträgli¬
cher geworden waren und ein Großteil sich mit den durch den Versailler Vertrag
geschaffenen Verhältnissen arrangiert hatte.
Aus Sicht des Bundes der Saarvereine erfolgte die Gründung der „Association
Française de la Sarre“ (AFS) zur Legitimierung der eigenen Tätigkeit daher gerade
zum richtigen Zeitpunkt. Schon auf der bald folgenden Heidelberger Bundestagung
konnte er sich gegenüber der deutschen Öffentlichkeit erneut als berufene Abwehrin¬
stanz präsentieren’92, deren vordergründige Aufgaben es seien, auch diese neue
französische Propaganda gründlich zu beobachten, ihre Argumentation zu entkräften
387 Vgl. zur „Prätorianergarde“ (SF 5 (1924) 7, S. 107) der französischen Bergverwaltung allgemein:
Baldauf. S. 33 ff.: Bungert/ Mallmann: Der Saarbund; Lempert, S. 123-150: Paul: „Das
Saarland den Saarländern!“
388 Vgl. Rundschreiben der GSV (Januar 1926), in: LA Saarbrücken, Saar-Verein 2; SF 7 ( 1926) 7. S.
110 f.
389 Das Schicksal des Bundes wurde untrennbar mit dem der Saar verbunden, wenn beispielsweise Vogel
behauptete, daß die französische Propaganda sicherlich den Abstimmungskampf gewinnen werde,
sofern der GSV nicht ausreichende finanzielle Hilfsmittel zur Verfügung gestellt würden: Vgl. Das
Wirken der Geschäftsstelle ... im Jahre 1930, S. 2; Jahresbericht 1931, S. 5. Vgl. auch SF 12 (1931)
9. S. 129 f.; SF 12 (1931) 15/16. S. 252 f. Wie das Werk Revires: Perdrons-nous la Sarre zeigt,
argumentierte der französische Gegenpart analog, um seinerseits die Pariser Regierung zu einem
stärkeren Engagement zu veranlassen.
390 Vgl. Brief Karius’ an die GSV (02.01.28), in: LA Saarbrücken, Saar-Verein 11.
391 Vgl. SF 6 (1925) 5, S. 78; SF 8 (1927) 12, S. 192 f.; SF 10 (1929) 8, S. 150 f. Von französischen
Beobachtern hingegen wurden die Erfolgsaussichten der eigenen Propaganda weitaus pessimistischer
beurteilt: Vgl. Brief der französischen Gesandtschaft München an das Außenministerium (06.02.33),
in: MAE. Sarre 280.
392 Vgl. SF9 (1928) 14/15, S. 264-287; VOGEL: Deutsch die Saar immerdar (1929). S. 50.
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