Full text: ‚‚Deutsch die Saar, immerdar!‛‛

schienen sich dadurch zu bestätigen, daß Deutschland in seiner Pariastellung verhar¬ 
ren mußte und erst nach kontroversen Auseinandersetzungen Mitte der zwanziger 
Jahre als gleichberechtigtes Mitglied in die Völkergemeinschaft aufgenommen 
wurde3'4. Angesichts der Spannungen zwischen Regierungskommission als Re¬ 
präsentantin des Treuhänders und der saarländischen Bevölkerung konnten sich die 
Saarkämpfer während der 15jährigen Mandatszeit nie wirklich für das in Genf 
ansässige „recht zweifelhafte Institut“354 355 erwärmen. 
Nach außen hin brachte die Geschäftsstelle „Saar-Verein“ dem Völkerbund al¬ 
lerdings zunächst Vertrauen entgegen. Am Beispiel des Saargebietes sollte er seine 
Existenzberechtigung und Neutralität unter Beweis stellen und seiner Pflicht nach- 
kommen, die Saarländer vor der befürchteten Leidenszeit zu bewahren356. Schon nach 
wenigen Monaten und den ersten Zusammenstößen zwischen Regierungskommission 
und Saarbevölkerung, in deren Verlauf sich der Völkerbund weitestgehend passiv 
verhalten hatte, war der anfängliche Kredit verspielt und die Staatengemeinschaft galt 
fortan als „Versicherungsgesellschaft zur Aufrechterhaltung des gegenwärtigen 
Zustandes, in der die Hauptaktionäre England, Frankreich und Amerika sind.“357 Die 
Haltung, welche der Bund der Saarvereine zum Völkerbund einnahm, war in erster 
Linie durch Mißtrauen geprägt. Regelmäßig mußte sich die „G.m.b.H, für Kuh- 
handel“358 den Vorwurf gefallen lassen, sie nehme ihre Pflichten als Treuhänderin 
nicht wahr, ignoriere die anstehenden Probleme und ergreife einseitig Partei, indem 
sie nach Konflikten lediglich der Regierungskommission, nicht aber der saarlän¬ 
dischen Bevölkerung Gelegenheit gebe, Stellung zu beziehen3'9. Hierdurch mache er 
sich mitschuldig an der Vergewaltigung der Saarbevölkerung360. Spätestens nach der 
Entscheidung des Völkerbundsrates in der Oberschlesienfrage stünde fest, daß 
Deutschland und somit auch das Saargebiet von diesem parteiischen Gremium nichts 
zu erwarten habe361. Unabhängig davon, daß er den Völkerbund als Marionetten¬ 
theater bezeichnete362, appellierte der „Saar-Freund“ aber bei Bedarf an die hohen 
354 Vgl. KNIPPING (Hrsg.): Das System der Vereinten Nationen, S. 1378-1415; PFEIL. Speziell zum 
Problem der Saar findet sich in der neuen Forschung überden Völkerbund nur wenig: Vgl. NORTHED- 
GE, S. 72 f.; OSTROWER, S. 36 f. 
355 SF 1 (1920) 22, S. 221. 
356 Die Saar werde somit zum Prüfstein der Völkerversöhnung: Vgl. Was jeder Deutsche vom Saargebiet 
und Saar-Verein wissen muß, S. 6. 
357 So Zillessen in seinem Vortrag vor der Berliner Ortsgruppe (27.07.20), in: SF 1 (1920) 15, S. 135. 
358 Karius auf der Saarkundgebung der Kölner Ortsgruppe am 12.03.26, in: SF 7 (1926) 13, S. 211. 
359 Die hieraus resultierende Enttäuschung der saarländischen Bevölkerung habe sich der Völkerbund 
selbst zuzuschreiben: Vgl. SF 1 (1920) 20, S. 198; SF 1 (1920) 22, S. 221 f.; SF 2 (1921) 1, S. 3; SF 
2(1921) 14,S. 181 ff.; SF4 (1923) 14,S. 188-191, Nichtsdestotrotz genossen einzelne Vertreter des 
Bundes wie beispielsweise der schwedische Ministerpräsident und Friedensnobelpreispräger Hjalmar 
Branting hohes Ansehen: Vgl. SF 3 (1922) 8, S. 118 f.; SF 4 (1923) 11, S. 143 f.; SF 6 (1925) 5, S. 
80. 
360 SF3(1922)2, S. 18. 
361 Vgl. SF2 (1921) 21, S. 298; SF 2 (1921) 23, S. 343. 
362 Vgl. SF1 (1920)23, S. 234. 
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