Aufwand aufgezogenen Jahrtausendfeier (1925) keineswegs mehr seine ursprüng¬
liche Überzeugungskraft besaß241.
Im Sommer 1920 herrschten in der Geschäftsstelle „Saar-Verein“ noch gesunde
finanzielle Verhältnisse. Ausgaben in Höhe von etwa 55.000 Mark für Verwaltung,
Bürobedarf und die Herausgabe des „Saar-Freund“ stand die gleiche Summe an
Einnahmen durch die RVP242 gegenüber, so daß sich Vogel sogar erlauben konnte,
eine 100.000 Mark-Spende als Reserve zu erhalten und nur die Zinsen zu verwen¬
den24'. Die Sammlung freiwilliger Beiträge, die anfangs vor allem dem Zweck diente,
die neu gegründete Saarorganisation reichsweit bekannt zu machen, wurde allerdings
in dem Maße notwendiger, wie die Inflation die Mittel aus den verschiedenen staatli¬
chen Propagandafonds aufzehrte244. Mit dem Übergang zur Hyperinflation im Som¬
mer 1922 hatte die Geschäftsstelle „Saar-Verein“ schließlich massiv mit den Aus¬
wirkungen der Geldentwertung zu kämpfen, da die Preise für Papier und Druck¬
erzeugnisse überproportional stiegen. Wieder einmal erwiesen sich Vogels Kontakte
aus Saarbrücker Tagen als hilfreich, denn der ehemalige Landrat von Ottweiler und
Saarbrücken Carl von Halfern, inzwischen Ministerialrat im Reichsfinanzmini¬
sterium, plädierte für eine außergewöhnliche Zuweisung aus Mitteln des Reiches.
Eine eigens einberufene Ausschußsitzung billigte ein stärkeres finanzielles Engage¬
ment der öffentlichen Hand, um der Abhängigkeit des Vereins von Wirtschafts¬
verbänden entgegenzusteuern. Während sich die Situation im Laufe der kommenden
Wochen zusehends verschärfte, herrschte in den internen Gremien des Bundes
Einigkeit darüber, daß der Geschäftsbetrieb um nahezu jeden Preis aufrechterhalten
werden sollte24\ Ein Neuanfang nach Beendigung der Wirtschaftskrise wäre nicht
nur erheblich schwieriger gewesen, sondern hätte vor allem auf die saarländische
Bevölkerung befremdlich gewirkt. Diesem Argument konnte sich auch das Aus¬
wärtige Amt nicht verschließen, welches im Herbst 1922 großes Gewicht darauf
legte, die Saarorganisation durch eine angemessene Erhöhung der Reichszuschüsse
in die Lage zu versetzen, ihre Tätigkeit im gewohnten Umfange fortsetzen zu
können246. Selbst dies brachte nicht die erhoffte Konsolidierung, denn noch immer
standen Einnahmen in Höhe von 2.16 Millionen Mark Ausgaben von 3,27 Millionen
Mark gegenüber, unter denen die Herstellungskosten für den „Saar-Freund“ (1,7
Millionen Mark) und die Gehälter (800.000 Mark) die größten Posten ausmachten247.
241 Vgl. hingegen: „Die Jahresarbeit des Bundes der Saarvereine und der Geschäftsstelle ,Saar-Verein'
im Jahre 1925“ (Januar 1926), in: LA Saarbrücken, Saar-Verein 2.
242 Siehe hierzu Kap. 3.1.1.
243 Vgl. Kostenauflistung und Brief derGSV an von Wrochem (18.09.20), in: BA-R 8014/780.
244 Im Jahr 1921 hatte die GSV bereits Ausgaben in Höhe von 460.000 Mark: Vgl. Tätigkeitsbericht
Vogels auf der Mitgliederversammlung (07.05.22), in: SF 3 (1922) 10, S. 151; Protokoll der Mit¬
gliederversammlung vom 07.05.22 (18.05.22), in: BA-R 8014/21.
Vgl. undatiertes Protokoll der Sitzung des Aufsichts- und Beratungsausschusses vom 28.10.22, in:
BA-R 8014/7.
246 Vgl. Aktennotiz (02.11.22), in: PA AA, II a Saargebiet, R 76.090.
Vgl. Brief der GSV an das AA (12.01.23), in: Ebd.
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