Hatten sich die im Ausland bestehenden Saarvereine schon vor der nationalsoziali¬
stischen „Machtergreifung“ am Verlauf der Saarkundgebungen ihrer reichsdeutschen
Schwesterverbände orientiert, so imitierten die nordamerikanischen Gruppen nun den
nach 1933 gängigen Veranstaltungsstil. Im Grunde unterschieden sich die Aufmär¬
sche vom Original nur durch das obligatorische einleitende „Star Spangled
Banner“233. Die Inszenierung der Saarkundgebung, welche der New Yorker Saarver¬
ein am 28. Oktober 1934 im „Yorkville Casino“ abhielt, glich bis ins Detail den
musikumrahmten, fahnengeschmückten und mit Hakenkreuzen drapierten Versamm¬
lungen im Deutschen Reich. Selbst ein übermannshohes Gemälde des Winterberg¬
denkmals fehlte nicht234. Ursprünglich waren etwa 8.000 Besucher erwartet worden,
doch letztendlich folgten etwa nur halb so viele dem Aufruf des Vereins235, der
aufgrund einer Boykottmaßnahme in ein kleines Casino umziehen mußte. Trotz der
erwarteten antifaschistischen Gegendemonstrationen und Störmanöver236 237 verlief der
Abend weitgehend ohne Zwischenfälle. Höhepunkt war die schon auf den Plakaten
angekündigte Fahnenweihe.
2.6 Finanzierung der Propagandaarbeit
der Geschäftsstelle „Saar-Verein“ und des Bundes der Saarvereine1
Das scheinbare Desinteresse am Saarproblem wurde von Vogel zum Einwerben von
Geldern instrumentalisiert. Dies hatte zur Folge, daß die Klagen über die marginale
Neunkirchen geborene Schriftführer und Kassierer Hans Dietz hatte 1929 die amerikanische Staats¬
bürgerschaft erhalten und betrieb eine Hühnerfarm: Vgl. SF 15 (1934) 23, S. 504; Brief des deutschen
Generalkonsulats Chicago an das AA (21.08.34), in: PA AA, II a Saargebiet. R 75.478. Die Orts¬
gruppe Chicago beteiligte sich Ende Oktober am „Deutschen Tag“, zu dem 20.000 Besucher ge¬
kommen sein sollen. Weitere kleinere Veranstaltungen, auch im benachbarten Milwaukee, folgten:
Vgl. SF 15 (1934) 22, S. 469; Brief des deutschen Generalkonsulats Chicago an die deutsche
Botschaft Washington (11.12.34), in: PA AA, JI a Saargebiet, R 75.883. Der letzte Hinweis auf die
Ortsgruppe stammt von Mai 1935, in: BA-R 8014/292.
233 Vgl. das Festprogramm sowie ein Foto des Gründungsfestes der New Yorker Gruppe (19.05.34), in:
BA-R 8014/530. Auf der Veranstaltung traten neben Vereinsangehörigen auch Vertreter der „Steuben
Society“, des „Bundes der Freunde des Neuen Deutschlands“ sowie des „Stahlhelm“ auf: Vgl. SF 15
(1934) 13, S. 254 f.
234 Vgl. die beiden Photos in SF 15 (1934) 24.
Die deutschen Blätter meldeten unisono 50.000 Besucher, die zur Zeremonie erschienen sein sollen:
Vgl. SF 15 (1934) 22, S. 472; DNB-Meldung (29.10.34), in: BA-R 8036/5, „Deutscher Saar-Dienst“
Nr. 41 (05.11.34), in: PA AA, II a Saargebiet, R 75.520.
23f> Allem Anschein nach gab es auch eine verhaltene Gegenpropaganda in Nordamerika: So distanzierte
sich die New Yorker Gruppe von einem „Saarländischen Kulturbund“, und die deutsche Vertretung
warnte vor einem dort ansässigen „Status quo Komitee“ unter der Führung eines Franzosen namens
Gibardi. Dieser sowie ein gewisser Andrey kooperierten mit dem kommunistischen Deutschen
Arbeiter-Klub und wurden nach deutschen Informationen finanziell durch die Anti-Nazi-Federation
unterstützt: Vgl. „Deutscher Saar-Dienst“ Nr. 15 (21.04.34), in: PA AA. II a Saargebiet, R 75.518;
Brief des deutschen Generalkonsulats New York an das AA (07.11.34), in: PA AA, II a Saargebiet,
R 75.719.
237 Die bis zuletzt verschwiegenen Finanzkanäle müssen anhand des umfangreichen Schriftwechsels
rekonstruiert werden, da sich in den Akten des Bundes keine Kassenbücher finden ließen und die
veröffentlichten Tätigkeitsberichte ein verzerrtes Bild zeichnen.
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