feld mit der Geschäftsstelle „Saar-Verein" abgesprochen werden, wie auch die im
August 1920 erlassenen Richtlinien als verbindlich galten.
In den ersten Jahren spielte die württembergische Saarvereinigung noch eine Sonder¬
rolle. Sie verfügte als einzige Ortsgruppe übereine eigene Geschäftsstelle, die bei der
Stuttgarter Handelskammer angesiedelt war2"7. Aufgrund dieser engen Symbiose
setzte sie die 1919 begonnene Arbeit zur Förderung der wirtschaftlichen Beziehun¬
gen zwischen Saar und Süddeutschland auch unter den Bedingungen des Saarstatuts
fort. Schon in einem frühen Rundschreiben wirkte sie wie eine Lobbyistin der
süddeutschen Industrie. Vorstandssitzungen mit Vertretern des „Verbandes württem-
bergischer Industrieller“, des Württembergischen Handelstages und des „Zentral¬
verbandes des deutschen Großhandels“ verfestigen diesen Eindruck207 208, zumal auch
die Mitgliederstruktur eher auf einen wirtschaftlichen Zweckverband als auf eine
landsmannschaftliche Vereinigung hindeutet2"9. Allerdings beschränkte sich die
Stuttgarter Saarvereinigung nicht auf Wirtschaftspropaganda, sondern spielte bei der
Erfassung der Abstimmungsberechtigten sogar eine Vorreiterrolle und stellte dabei
selbst die Berliner Geschäftsstelle „Saar-Verein“ in den Schatten. Wenngleich die
beabsichtigte Expansion im süddeutschen Raum nicht wie erwartet fortschritt, besaß
die Gruppe hinsichtlich ihrer Vortragstätigkeit Vorbildcharakter; mindestens einmal
im Jahr trat sie mit einer größeren Saarkundgebung an die Öffentlichkeit. Trotz
mehrfacher persönlicher Aussprachen und Vereinbarungen zwischen Vogel und dem
jeweiligen Vorsitzenden der Vereinigung schwelte ein permanenter Konflikt, der
immer dann von neuem ausbrach, wenn sich die von Stuttgart geführte „Arbeits¬
gemeinschaft süddeutscher Saar-Vereine“210 211 durch die Berliner Geschäftsstelle „Saar-
Verein“ bedrängt fühlte2". Wie auch im Fall der benachbarten bayerischen Landes¬
gruppe verhinderten der Anspruch auf Eigenständigkeit und Dünkel gegenüber allem,
was aus dem fernen Berlin stammte, einerseits sowie uneinsichtiges Festhalten an
Hierarchien und das Pochen auf der von Anfang an beanspruchten Führungsrolle
207 Vgl. SF 3 (1922) 8. S. 128.
208 Vgl. SF 2 (1921) 24, S. 359 f. Auch die französische Vertretung wies auf die engen Verbindungen zu
verschiedenen Wirtschaftsverbänden hin: Vgl. Brief des französischen Generalkonsulats Stuttgart an
das Außenministerium (20.02.22), in: MAE. Sarre 115.
2119 Unter den immerhin 800 Mitgliedern befanden sich nur wenige gebürtige Saarländer (Stand Oktober
1921, in: BA-R 8014/617); Unternehmer, Industrielle und Vertreter von Handel und Gewerbe bildeten
die Mehrheit der Ortsgruppe: Vgl. Brief Teichs an die GSV (02.03.20), in: BA-R 8014/616: SF 10
(1929)6, S. 118.
210 Die AG gründete sich im Herbst 1921 als lockerer Zusammenschluß der Ortsgruppen Darmstadt,
Frankfurt am Main, Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Kassel, München und Stuttgart: Vgl. Rund¬
schreiben der GSV an diese Ortsgruppen (20.09.21), in: BA-R 8014/734.
211 Nach einer erneuten Auseinandersetzung forderte der Vorsitzende der Stuttgarter Gruppe von seinem
Logenbruder Vogel: „Lassen Sie unser Württ. Gebiet in Ruhe & wir kommen gut miteinander aus.“:
Brief Schellenbergers an die GSV (10.09.25), in: BA-R 8014/618. Vogel handelte sich im Frühjahr
1930 sogar eine anonyme Anzeige ein, da er ohne Genehmigung Mitglieder in Württemberg geworben
hatte: Vgl. Brief der GSV an das württembergische Staatsministerium (27.02.30). in: BA-R 8014/620;
HStA Stuttgart, E 130 b/ 2632. Letztendlich verzichtete die Staatsanwaltschaft Heilbronn auf eine
Anklage.
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