Riss in der ungleichen Partnerschaft. Schon ein Jahr nach der Gründung verließ
der zweite Vorsitzende Piert die SFG. Man besetzte seinen Posten mit Stadt¬
schulrat Bongard.265
Hans Bongard
Johann Matthias Bongard stammte aus Westfalen, wo er am 16. Oktober 1880 in
Melden im Kreis Arnsberg geboren wurde. Nach dem Studium der Philosophie
lehrte er 1908-19 an der Schule. 1919 trat er sein Amt als Saarbrücker Stadtschul¬
rat an.266 Im Sommer 1930 organisierte er die saarländischen Feiern anlässlich des
alliierten Truppenabzuges aus dem Rheinland.267 Für seine Verdienste um die
deutsche Kultur der Saarlande ernannte ihn die Universität Bonn auf Betreiben
des IGL im selben Jahr zum Ehrendoktor.268 Parteipolitisch betätigte sich Bongard
nur am Rande. Er gehörte seit 1927 der Deutsch-Saarländischen Volkspartei an.
Als diese in die Deutsche Front übergegangen war, wurde Bongard Mitglied in
deren Kulturbeirat.269 Um seine städtische Anstellung nicht zu gefährden, machte
er Ende 1935 den Schritt von der Deutschen Front zur NSDAP mit und trat eben¬
falls dem NS-Lehrerbund (NSLB) bei.270
Kein Freund der Partei - 1932 musste er sich einer Diffamierungskampagne der
nationalsozialistischen Presse erwehren2 1 - war Bongard in seinem öffentlichen
Amt gefährdet. Umso mehr als der Verwaltungsmann sein Unbehagen am natio¬
nalsozialistischen Ämterchaos und Kompetenzgerangel kaum verhehlen wollte:
„So geht es kulturell auf der ganzen Linie; mehr Stellen als je, jede mit einer
krankhaft gesteigerten Sucht, ihre Notwendigkeit zu beweisen, dabei völlige Un¬
kenntnis, völliger Mangel an irgendwelcher Erfahrung.“272 * Ein Jahr nach der
Rückgliederung des Saargebietes geriet er wieder in die Schusslinie national¬
sozialistischer Kulturhüter. Der Landesleiter der Reichsmusikkammer Richard
Hellriegel betrieb Bongards Sturz, weil dieser früher jüdischen Musikern
65 LASb, SM 12: Aubin, Griewank, Mitgliederversammlung der SFG v. 25.9.1927, 12-13;
HessHStA, 1150/63: Sante an Emrich v. 14.3.1935, 3; Linsmayer, Politische Kultur, 351.
266 StdASb: Nebenakte Beamten-Versorgung Bongard, f. 68: Sterbeurkunde Standesamt Hamm
(Westfalen) v. 19.6.1946; Hauptakte Bongard, f. 225: „Stadtschulrat Dr. h.c. Bongard 50 Jahre
alt“, Saarbrücker Landes-Zeitung (16.10.1930).
'6' AAE, Sarre 280, f. 17: Obs. v. 2.7.1930 eines Telegramms v. StS von Simson an Bongard;
cf. BABL, R8037/1: Bongard an Aubin v. 17.11.1935, 1.
268 HessHStA, 1150/57: Sante an Haslinde v. 9.10.1930 [2]; cf. LASb, SM 12: Sitzung der SFG
am 4.10.1930, 2.
~69 StdASb, Hauptakte Bongard, f. 365: Fragebogen v. 14.8.1935; Dienststelle VII Sch.,
Angaben Bongards.
-70 StdASb: Hauptakte Bongard: Dienststelle VII Sch., Angaben Bongards; Erklärung Bongards
v. 7.10.1935.
~ 1 StdASb, Hauptakte Bongard, f. 229: -has- „Ein Kapitel Nazi-Journalistik vor den Richtern!
Sein Name ist Adt - er weiß von nischt! Bewährte Schulmänner Saarbrückens werden von
,Unbekannt4 in der Nazi-Presse denunziert!“ Volksstimme (27.4.1932); cf. f. 231: OB an
Oberstaatsanwalt v. 2.3.1932.
' BABL, R8037/1: Bongard an Aubin v. 17.11.1935 [3-4].
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