allem Eisassforschung an, die ausgestattet mit Lehrstühlen in Nancy und an der
Sorbonne publizistisch wirken konnte, während die deutsche Westforschung
nichts Vergleichbares entgegenzusetzen habe. Das IGL bot sich an, in den Rhein¬
landen die „Brücke vom Heimatsinn zur allgemeinen deutschen Geschichte“ zu
schlagen und lokale Heimatliebe in nationalpädagogische Sinnstiftung umzuwan¬
deln.129 131 Um die außeruniversitäre Landes- und Heimatkunde zu verwissenschaft¬
lichen und Helfer für volkskundliche Sammlungen zu rekrutieren, wurden die
rheinischen Heimatforscher durch Tagungen und Fortbildungskurse an das IGL
angebunden, aus der örtlichen Beschränkung befreit und auf die allgemeine
Geschichte des „deutschen Volkstums“ ausgerichtet.13(1 Die erhoffte kulturpoliti¬
sche Breitenwirkung erzielte ab 1925 der Zusammenschluss der rheinischen
Heimatvereine im Verein für die geschichtliche Landeskunde der Rheinlande.1'1
Die Aussicht auf solcherart nationalen Nutzen half den preußischen und den
Reichsministerien, das IGL zu unterstützen, zumal die politischen Stellen auf
seine Forschungen einwirken durften.132
Im Bonner IGL wurden alle historisch gerichteten Fächer, Kunstgeschichte,
Kirchen-, Rechts- und Wirtschaftsgeschichte, auch Sprachwissenschaften, Volks¬
kunde, Archäologie, Geographie, Volkswirtschaft und historische Soziologie
einbezogen. Interdisziplinarität vermied die Reibungsverluste, die üblicherweise
beim Kampf um Ressourcen benachbarter, sich um ein Forschungsobjekt
streitender Fächer auftreten.133 Das Fächer übergreifende Konzept, erprobt in der
Leipziger Stiftung, setzte sich allgemein in der Deutschtumsforschung der 1930-er
Jahre in Form der VFG durch. Aubin und der vom Deutschen Sprachatlas
herkommende Germanist Theodor Frings (1886-1968) verbanden historische
129 Aubin, „Denkschrift betr. die Institutserrichtung an das preußische Ministerium für Wissen¬
schaft, Kunst und Volksbildung“; zit. nach Ennen, „Aubin“, 37; cf. Nikolay-Panter, „Ge¬
schichte“, 247, 239.
130 Institutsbericht v. 1924; zit. nach Nikolay-Panter, „Geschichte“, 240.
131 Winfried Speitkamp, Die Verwaltung der Geschichte: Denkmalpflege und Staat in Deutsch¬
land 1871-1933, Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, 114 (Göttingen: V&R, 1996),
173; Horst Romeyk, Die leitenden staatlichen und kommunalen Verwaltungsbeamten der
Rheinprovinz 1816-1945, Publikationen der Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde, 69
(Düsseldorf: Droste, 1994), 543.
132 Um 1924 bearbeitete das IGL auf Wunsch des RMdl rheinische Chroniken aus der Franzo¬
senzeit; Nikolay-Panter, „Geschichte“, 245 Anm., cf. 247 Anm.; Srbik an Schulte v. 12.3.1921;
Heinrich Ritter von Srbik, Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers 1912-1945,
Hg. Jürgen Kämmerer, Deutsche Geschichtsquellen des 19. und 20. Jahrhunderts, 55 (Boppard,
Rh.: Boldt, 1988), 177-79.
Marlene Nikolay-Panter, „Zur geschichtlichen Landeskunde der Rheinlande“, Geschicht¬
liche Landeskunde der Rheinlande: Regionale Befunde und raumiibergreifende Perspektiven:
Georg Droege zum Gedenken, Hg. id., Wilhelm Janssen, Wolfgang Herbom, Veröffent¬
lichungen des Instituts für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande Bonn (Köln: Böhlau,
1994), 3-22, hier 10; cf. Aubin, „Denkschrift betr. die Institutserrichtung“, zit. nach Ennen,
„Aubin“, 39; Wolf Lepenies, „Wissenschaftsgeschichte und Disziplingeschichte“, Geschichte
und Gesellschaft, 4 (1978), 437-51, hier 448-49.
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