deutsch gebliebener, aber polemisierter Menschen, Einrichtung einer Volksdeut¬
schen Bibliothek in Lublin, Betreuung der Volksdeutschen im hiesigen Di[s]trikt,
Aufspürung verschollenen deutschen Blutes auf den polnischen Dörfern und
Rückführung zum Deutschtum usw. Mein Chef ist SS-Brigadeführer Globocnik,
dem als Beauftragten des Reichskommissars zur Festigung deutschen Volkstums
diese Aufgaben zugewiesen sind. Es sind dankbare aber schwierige Aufgaben in
diesem scheusslichen Polen.“822
Der Historiker Stanglica (1907-46),822 Autor einer Geschichte von lothringischen
Südosteuropaauswanderern des 18. Jahrhunderts,824 hatte als Mitarbeiter Kall¬
brunners am Hofkammerarchiv eine 80 000 Kartenblätter umfassende Kartei der
nach dem Südosten ausgewanderten Deutschen aufgestellt, die 1938 in die vom
Sekretär der Südostdeutschen Forschungsgemeinschaft (SODFG) Dr. Wilfried
Krallert82" geleitete Forschungsstelle „Deutschösterreicher in aller Welt“ über¬
ging. Stellvertretender Leiter dieser Forschungsstelle wurde Stanglica.826 1940
822 ADM, 1W234: Stanglica an Mittelstelle v. 12.3.1941.
82' Franz Stanglica, * 27.5.1907 Wien, 1932-40 am HKA Wien (seit 1936 als Beamter), Protegé
Kallbrunners, Stipendiat und Mitarbeiter der SODFG, seit 1937 Mitarbeiter der Forschungsabt.
Judenfrage des Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschlands und wissenschaftlicher
Leiter der Forschungen zur Judenfrage am HKA, Okt. 1941 Aufnahme in die NSDAP Wien
(rückwirkend zum 1.5.1938), 1940 Wachmannschaft KZ Oranienburg, Kommandantur KZ
Auschwitz, 15.10.1940 Eintritt in die Waffen-SS, 1940/41 (offiziell seit 1.4. 1943)-1.1.1944 dem
HSSPF Ost zugeteilt, Jan. 1944 mit Globocnik und dem Einsatzstab der Aktion Reinhard zur
Widerstandsbekämpfung des HSSPF in der Operationszone Adriatisches Küstenland, t 28.10.
1946 in einem alliierten Kriegsgefangenlager. BDC, Stanglica: Stanglica, Lebenslauf [ca. 1938]
[S. 1]; NSDAP-Wien: Anhang zum Personal-Fragebogen zum Antragschein auf Ausstellung einer
vorläufigen Mitgliedskarte und zur Feststellung der Mitgliedschaft im Lande Österreich des
Dr. Franz Stanglica v. 14.2.1941; Brunnbauer (Schiedsamt) an Erich Schulze v. 31.10.1941: NS-
Mg.-Nr. 6 298 175; BDC-SSO, Stanglica; Herbert Hutterer, Thomas Just, „Das Reichsarchiv
Wien“, Sektionssitzung IV: Staatsarchive im Nationalsozialismus des Deutschen Archivtags in
Stuttgart: „Das deutsche Archivwesen und der Nationalsozialismus“, 29.9.2005, 8.30-11 Uhr;
Friedrich Walter, „Das Wiener Hofkammerarchiv“, Inventare österreichischer Archive, 7: Inven¬
tar des Wiener Hofkammerarchivs, Publikationen des Österreichischen Staatsarchivs, 2, 7 (Wien:
Österr. Staatsdr., 1951), xv-xxxv, hier xxxv; Karl Stuhlpfarrer, Die Operationszonen „Alpenvor¬
land" und „Adriatisches Küstenland“ 1943-1945, Publikationen des Österreichischen Instituts für
Zeitgeschichte der Universität Wien, 7 (Wien: Hollinek, 1969), 81-82, 92-93; cf. Papen,
,„Scholarly‘ Antisemitism“, 11-13; Leesch, Deutsche Archivare, 2: 586. Im Finanz- und Hof¬
kammerarchiv (HKA) konnte in der Bestandsgruppe Finanzen des Archivs der Republik, Bestand
Zentralbesoldungsamt kein Personalakt Stanglica ermittelt werden; ÖStA an den Verf. v.
11.1.2000. Für die Zusendung von Fotokopien folgender Akte danke ich dem ÖStA: HKA,
Archivverhandlungen, ZI. 261/1938: J. K[allbrunner] an [Dr. Wilhelm Grau] v. 4.3.1938;
Stanglica, Abrechnung über das Haushaltsjahr 1937/38 v. 4.3.1938. Weder das BA Aachen (Herr
Dillgard an den Verf. v. 13.12.1999) noch die WASt (Frau Kremser an den Verf. v. 11.4.2000)
konnten die Waffen-SS-Zugehörigkeit Stanglicas oder die Umstände seiner Gefangennahme und
seines Todes ermitteln.
8 4 Franz Stanglica, Die Auswanderung der Lothringer in das Banat und die Batschka im
18. Jahrhundert, Schriften des Wissenschaftlichen Instituts der Elsaß-Lothringer im Reich an
der Universität Frankfurt NF, 12 (Frankfurt, M.: ELI, 1934).
8'5 Leo Santifaller, Das Institut für Österreichische Geschichtsforschung: Festgabe zur Feier des
zweihundertjährigen Bestandes des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs, Veröffentlichungen
des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 11 (Wien: Universum, 1950), 148, 151.
8‘(1 BDC, Stanglica: Stanglica, Lebenslauf [ca. 1938] [1-2].
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