Frage der Übersetzungen7*'7 ins Lächerliche abzurutschen drohte, wurde sie von
Schneider abgebrochen. Die meisten Einzelheiten zum Germanischen Märchen¬
buch hatte er ohnedies im Vorhinein festgelegt. Seine Anordnungen hatte er als
Fragen und Vorschläge in die Diskussion eingestreut, um schnell zum nächsten
Besprechungspunkt weiterzueilen. So auch die abschließende Anweisung, das fer¬
tige Manuskript von de Vries, Huth, Plaßmann, Ittenbach und Professor Richard
Wolfram prüfen zu lassen.767 768 Damit war die Besprechung geschlossen. Fox erhielt
Anfang 1944 einen Honorarvorschuss von 1000 Reichsmark.769 Allein aus dem
Buchprojekt wurde nichts, denn wenige Monate später musste Fox einrücken.
Statt mit dem Germanischen Märchenbuch kam er mit einem MG-Bataillon nach
Norwegen zurück.770
Fox war nicht der einzige regionale Märchenforscher, der mit dem SS-Ahnenerbe
kollaborierte. Dies tat ebenfalls vom Frühjahr 1939 bis Mitte 1941 die lothringi¬
sche Märchensammlerin und -erzählerin Angelika Merkelbach-Pinck.
Angelika Merkelbach-Pinck
Angelika Merkelbach-Pinck, die jüngere Schwester von Louis und Emile Pinck,
wurde als Anna-Angelika Pinck am 18. Februar 1885 im lothringischen Lemberg
geboren. 1 * Nach ihrer Ausbildung zur Lehrerin wurde sie kurz vor dem Ersten
Weltkrieg Direktorin eines Darmstädter Mädchenpensionates. Da sie im Rhein-
Main-Raum sesshaft wurde und heiratete, trennte sie die neue deutsch-französische
Grenze nach 1918 von ihrer lothringischen Familie. In der Zwischenkriegszeit
war sie häufig im Frankfurter ELI anzutreffen, wo sie in den 1930-er Jahren
Halber kennen lernte; ferner hatte sie Kontakt zu den revisionistischen Eisass-
Lothringern im Reich um Robert Ernst und zu den elsässischen autonomistischen
Kreisen um Fritz Spieser. Im Sommer 1940 begrüßte sie noch die Heimkehr „des
lothringischen Menschen“ ins Deutsche Reich.777 Doch ähnlich wie ihr Bruder
Louis sollte sie bald ihre diesbezüglichen Illusionen verlieren.
Merkelbach-Pincks politische Haltung ist nicht leicht zu erhellen. Vor Hitlers
Machtübernahme stand die engagierte Katholikin dem Zentrum nahe und scheint
auch noch nach 1933 Kritik am nationalsozialistischen Kirchenkampf geübt zu
767 BDC, Fox, f. 55: Schneider, Aktenvermerk betr.: Germanisches Märchenbuch: Besprechung mit
Fox am 16.3.1943 v. 19.3.1943; f. 62, 56: „Besprechung überdas ,Germanische Märchenbuch1“.
768 BDC, Fox, f. 63: „Besprechung über das ,Germanische Märchenbuch“4.
769 BDC, Fox, f. 66: Sievers (Waischenfeld, Ofr.) an Fox v. 31.1.1944, f. 67: Sievers an Ahnen-
erbe-Stiftung-Verlag v. 31.1.1944; cf. f. 65: Schneider an Sievers v. 25.1.1944.
770 Schwall, „Volkskundler“, 339, 344.
771 Zum Folgenden H. Hiegel, „Deux folkloristes lorrains“, 109-14.
77" Angelika Merkelbach-Pinck, „Nachwort“, Volkssagen aus Lothringen, gesammelt u. hg. v.
id., 2. Aufl. (Krailling: Wewel, 1942), 150; cf. H. Hiegel, „Deux folkloristes lorrains “, 110.
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