trägt, stammt auch aus deutschem Blut.“609 Die französisch klingenden Familien¬
namen in Lothringen und im Rest des Gaues seien zu 60 Prozent romanisierte
germanischen Ursprungs.610 611 Für Christmann war die von ihm als „Sittenpredigt“
gelesene Namenskunde „der Anfang aller Staatsweisheit“.6,1
In Lothringen erging 1940 der Befehl, französische Vornamen germanischer oder
lateinischer Wurzeln in den gleichbedeutenden deutschen Vornamen oder die
französische Schreibweise der Vor- und Familiennamen „in die deutsche Schreib¬
weise abzuändem“. Existiere der französische Rufname im Deutschen nicht, sei
dem Träger ein neuer deutscher Vorname zu stellen.612 Von den meisten Standes¬
ämtern in der Moselle wurden romanisch klingende Vornamen nicht mehr
akzeptiert, auch wenn diese im Reich durchaus üblich waren.613 Nur die Stadt
Metz nahm noch Anfang 1941 in Einzelfällen französisch klingende Namen an,614
weil Karl Kleemann, der Stadtkommissar von Metz, auf das Erscheinen des in
Zusammenarbeit mit dem Reichsverband der Standesbeamten Deutschlands
entstehenden Vomamenverzeichnisses für Eisass, Lothringen und Luxemburg
wartete.615 Sein letztes Schreiben zur Vornamenfrage zeichnete Kleemann gut
gelaunt mit „Charles Ciérnan“.616 Doch bei der Germanisierung der Moselle ver¬
standen die Nationalsozialisten keinen Spaß. Im selben Sommer wurde Kleemann
an die Ostfront geschickt.617
Ähnlich wie Christmann hob Professor Philipp Fuchs auf germanische Vornamen
ab618 und studierte die „Verwelschung und Entwelschung“ lothringischer Fami¬
liennamen. Er behauptete, dass 60 Prozent der französischen Familiennamen in
der gesamten Westmark germanischen Ursprungs seien. Die Französische Revo¬
609 ADM, 1W250: „Der deutsche Charakter Lothringens: Gedanken aus einem Vortrag von
Prof. Dr. Ernst Christmann“, NSZ Westmark (15.2.1943); cf. den gleich lautenden Artikel in
NSZ Westmark (10.2.1943), Ausgabe Diedenhofen; HMP, G/Besprechungsbelege, Christmann
allg.: Christmann an Heene v. 25.11.1941, Christmann an Oberlandesgerichtsrat a. D. [Gustav]
Roth (Zweibrücken) v. 9.1.1942.
610 H. Hiegel, „La germanisation“, 102.
611 HMP, G/Besprechungsbelege, Christmann allg.: Christmann an B. Martin v. 19.12.1941; cf
Christmann, Deutsche Charakter, 29-36, 66-68.
612 BABL, R43II/ 1339a, f. 124: Verordnungen des CdZ zur Eindeutschung von Namen in
Lothringen v. 28.9. u. v. 17.12.1940; Wolfanger, „Nationalsozialistische Politik“, 101.
613 H. Hiegel, „La germanisation“, 101-02.
614 AMMetz, 37Z12: Boll an Kleemann v. 19.4.1941; cf Gérard Michaux, „Sarrebourg ,à
l’heure allemande1 (1939-1945)“, Moselle et Mosellans dans la Seconde Guerre mondiale, dir.
François-Yves Le Moigne (Metz: Serpenoise/SHAL, 1983), 195-211, hier 197-200, 204;
Annexion 1940-1945: Témoignages du Pays de Sarrebourg, recueill. et classés par Bruno
Schoeser (Sarrebourg: SHAL [1993]).
615 AMMetz, 37Z12: [Kleemann] an Boll [nach dem 19.4.1941], angeheftete handschriftliche Notiz.
616 AMMetz, 32Z7b: Kleemann an Boll v. 7.5.1941.
617 AMMetz, 32Z7a: Oberstadtkommissar Dr. Robert Ernst (Generalreferent beim CdZ im
Eisass) an Stadtrechtsrat Dr. Werner Hahn (Metz) v. 3.9.1941; cf. Schepua, ^Sozialismus der
Tat1“, 569.
618 Philipp Fuchs, „Zur Frage der Familiennamen in Lothringen: Verwelschung und Entwelschung“,
Westmärkische Abhandlungen zur Landes- und Volksforschung, 5 (1941/42), 327-40, hier 330.
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