Full text: Volk, Reich und Westgrenze

Volkstum zuwenden. 1935 erhielt die auslandsdeutsche Arbeit des Gaues einen 
enormen Auftrieb.504 
Das Novemberheft 1935 der Völkischen Wissenschaft behandelte in einem Pelemele 
politischer Pamphletik und wissenschaftlicher Lehre das Auslandsdeutschtum in 
Europa und Übersee. Steinacher lobte die diesbezüglichen Verdienste Hitlers:505 
Erst der Nationalsozialismus habe die „Volksgrenze sichtbar“ und die Ausländs¬ 
deutschen zu gleichberechtigten und gleichverpflichteten Mitarbeitern an der Volks- 
werdung gemacht.506 * „Saubere Höfe“ wies Emil Meynens „Deutschpennsylvanien“ 
aus, dem die Rheinländer „den Stempel ihrer Arbeit und ihrer völkischen Art“ 
aufgedrückt hätten.M) Weniger ideologisch gehalten war der Pennsylvania-Beitrag 
von Dr. Heinz Kloß, dem Bibliothekar des Deutschen Ausland-Instituts (DAI). 
Zwar beklagte er die Assimilation und den Verlust des völkischen Bestandes, da 
Deutsch als Schulsprache verdrängt würde, aber den Widerstand der deutschen 
Kolonisten gegen die öffentlichen englischsprachigen Schulen in Pennsylvania be¬ 
schwor er nicht, wie im Nationalsozialismus üblich, als Kampf gegen eine gezielte 
Volkstumsvemichtung, sondern schilderte differenziert die Furcht vor Steuererhö¬ 
hung, sozialem Abstieg und dem Verlust der Muttersprache.50* Weder Meynen noch 
Kloß behaupteten seelische Bindungen des Deutschamerikanertums zum Reich. 
Der sehr engagierte pfälzische Deutschtumsforscher Christmann verpflichtete den 
Gau zur Volksdeutschen Geschichtsschreibung über die Auswanderung aus der 
westmärkischen Landschaft und gab für alle prähistorischen und historischen Epo¬ 
chen als übergreifende Fragestellung das Thema „Volk ohne Raum“ vor.509 Seine 
Forschungsleistung ideologisch abzurunden, war Christmann nicht gezwungen 
worden. Aus freien Stücken stellte er seine gelehrte Autorität in den Dienst der 
aggressiven Außenpolitik. Das musste nicht sein, wie die an seinen Zeitschriften¬ 
beitrag anschließende Publikation einer Auswandererliste zeigt, deren Kommentar 
sich jeder politischen Aktualisierung enthielt, obwohl der Autor nicht annähernd 
504 Eids Vortrag über das „Deutschtum in Canada“ 1930; BayHStA, MK 15551: „Fünf Jahre 
Wissenschaftspflege in der Pfalz: Die Festsitzung der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung 
der Wissenschaften“, Pfälzer Zeitung (30.10.1930); cf. R. Emst, Rechenschaftsbericht, 199; 
Applegate, Nation, 170,217-18. 
505 HMP, G/Vbv., VDA: Emrich (VW) an Steinacher v. 13.9. u. v. 17.10.1935; VDA-Presse- 
abteilung an Emrich v. 28.9. u. v. 8.10.1935. 
506 Steinacher, „Deutsche Erneuerung“, 381-82. 
507 Emil Meynen, „Die deutschen Pioniere Pennsylvaniens“, Völkische Wissenschaft [2] 
(1934/35), 383-86, hier 383; cf. Fahlbusch, Wissenschaft, 134. 
Heinz Kloß, „Die deutsche Sprache in der pennsylvanischen Schule“, Völkische Wissen¬ 
schaft [2] (1934/35), 386-95; cf. Ritter, Das Deutsche Ausland-Institut, 90, 97 Anm., 145-46; 
Hutton, Linguistics, 144-87. 
509 Friedrich Lotz, Ernst Christmann, „Von der Volksdeutschen Verpflichtung der Lande vom 
Rhein zur Saar“, Völkische Wissenschaft [2] (1934/35), 399-401, hier 401; cf. Christmann, 
„Lothringische Ost-Auswanderung“, 10-12. 
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