Zur Westforschung und zur deutschen Frankreichforschung sind neben den ent¬
sprechenden Kapiteln bei Fahlbusch vor allem die Arbeiten Peter Schöttlers zu
nennen.56 Vor drei Jahren veröffentlichte Schöttler die von der zeitgeschichtlichen
Forschung lange vermisste Westgrenzdenkschrift Wilhelm Stuckarts aus dem Juni
1940.57 Nach seiner Studie zur deutschen Romanistik, die ebenfalls ein Kapitel
zur Kollaboration in Frankreich und Belgien enthält,58 * lieferte Hausmann in einem
weiteren Werk 16 Kurzbeschreibungen der Deutschen Wissenschaftlichen Institute
während des Zweiten Weltkrieges, darunter auch des Deutschen Instituts in Paris.56
Die Rolle der deutschen Westforschung bei der Vorbereitung von Umsiedlungs¬
aktionen in Wallonien und die Kollaboration von niederländischen Wissen¬
schaftlern bearbeitete Derks, wobei er allerdings die methodischen und inhalt¬
lichen Kontinuitätslinien der Westforschung nach 1945 überzeichnete.60 Zum
niederländisch-belgisch-luxemburgischen Abschnitt der deutschen Westforschung
erschien 2003 der umfangreiche Sammelband Griff nach dem Westen, in welchem
Thomas Müller am Beispiel der in die preußische Rheinprovinzverwaltung
eingebundenen Abteilung G eine enge Zusammenarbeit von Nationalsozialisten
56 Fahlbusch, Wissenschaft, Peter Schöttler, „Von der rheinischen Landesgeschichte zur na¬
zistischen Volksgeschichte oder Die ,unhörbare Stimme des Blutes'“, Deutsche Historiker im
Nationalsozialismus, Hg. Winfried Schulze, Otto Gerhard Oexle, Mitarb. Gerd Helm, Thomas
Ott, Die Zeit des Nationalsozialismus (Frankfurt, M.: Fischer, 1999), 89-113; id., „Historische
,Westforschung1“, 204-61; id., „Der Rhein als Konfliktthema zwischen deutschen und franzö¬
sischen Historikern in der Zwischenkriegszeit“, 1999, 9 (1994), H. 2, 46-67.
Peter Schöttler, „Eine Art ,Generalplan West‘: Die Stuckart-Denkschrift vom 14. Juni 1940
und die Planungen für eine neue deutsch-französische Grenze im Zweiten Weltkrieg“, Sozial.
Geschichte, 18 (2003), H. 3, 83-131.
58 Frank-Rutger Hausmann, „ Vom Strudel der Ereignisse verschlungen": Deutsche Romanistik
im „Dritten Reich", Analecta romanica, 61 (Frankfurt, M.: Klostermann, 2000).
54 Franz-Rutger Hausmann, „Auch im Krieg schweigen die Musen nicht": Die Deutschen
Wissenschaftlichen Institute im Zweiten Weltkrieg, 2., durchges. Aufl., Veröffentlichungen des
Max-Planck-Instituts für Geschichte, 169 (Göttingen: V&R, 2001), cf. 100-30.
60 Hans Derks, Deutsche Westforschung: Ideologie und Praxis im 20. Jahrhundert, Geschichts¬
wissenschaft und Geschichtskultur im 20. Jahrhundert, 4 (Leipzig: AVA, 2001). Bernd-A.
Rusinek, „,Westforschungs‘-Traditionen nach 1945: Ein Versuch über Kontinuität“, Griff nach
dem Westen: Die „ Westforschung" der völkisch-nationalen Wissenschaften zum nordwesteuro¬
päischen Raum (1919-1960), Hg. Burkhard Dietz, Helmut Gabel, Ulrich Tiedau, Studien zur
Geschichte und Kultur Nordwesteuropas, 6 (Münster: Waxmann, 2003), 1141-1201, hier 1165
bedauerte Derks’ wissenschaftliche Argumentation. Auch Ulrich Tiedau, „Streitthema West¬
forschung: Zu einer neuen Gesamtdarstellung aus den Niederlanden“, Geschichte im Westen,
17 (2002), 245-55 sparte nicht mit Kritik. Frank-Rutger Hausmann urteilte in seiner Rezension,
„Brudervolk mit Führungsanteil: Phantasten oder Vollstrecker der Vernichtung? Hans Derks
hat ein polemisches Buch über die nationalsozialistische Westforschung geschrieben“, Süd¬
deutsche Zeitung (6.3.2002) milder; attestierte allerdings in kleinerem Kreise Derks einen
gelehrten Verfolgungswahn, „L’enseignement des langues vivantes dans les Reichsuni¬
versitäten de Strasbourg et de Poznan“, Vortrag auf dem „Colloque sur les Reichsuniversitäten
de Strasbourg et de Poznan (1941-1944)“, Strasbourg, Palais universitaire, 26.3.2004, 11.10-
11.45 Uhr. Die Reinschriften der Kolloquiumsbeiträge sind soeben veröffentlicht worden: Les
Reichsuniversitäten de Strasbourg et de Poznan et les résistances universitaires 1941-1944,
dir. Christian Baechler, François Igersheim, Pierre Racine, Les Mondes Germaniques
(Strasbourg: PU de Strasbourg, 2005).
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