die Konzentrationslager deportiert, wo sie den brutalen Anfeindungen der SS
ausgesetzt waren.2-"'
In der PGFW regte Emrich Anfang 1935 an, die „Bastarde aus der Besatzungs¬
zeit“ wissenschaftlich zu untersuchen. Der Gauamtsleiter für Volksgesundheit
und Gauobmann des NS-Ärztebundes Rudolf Ramm, ein entschiedener Befürwor¬
ter von Unfruchtbarmachungen aus rassenhygienischen Gründen, schlug Roth-
Lutra für diese Aufgabe vor. Doch Emrich wollte keine Einmischung des Gau¬
amtes und hielt die Forschungsmittel zurück.259 260 Erst der Besuch von Walter Groß,
des Leiters des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP, auf der saarpfälzischen
Gaukulturwoche im Herbst 1936 machte Roth-Lutra den Weg frei.261 Groß plä¬
dierte seit Jahren für die geheime und illegale Zwangssterilisierung der Misch¬
linge, die er gerade mit der Gestapo vorbereiten ließ, brauchte hierfür aber die
Expertisen anthropologisch geschulter Autoritäten.262 Sein Fachmann in der Pfalz
wurde Roth-Lutra, dem die Grenzlandfürsorge zwei Monate später ein Stipen¬
dium für die „erbkundlich-anthropologischen Untersuchungen über die Misch¬
linge“ bewilligte.263 Im Interesse der Rassenforschung nutzte Roth-Lutra die „nie
wiederkehrende Gelegenheit der Untersuchung von Mischlingen ersten Grades
auf deutschem Boden“. Er rechnete damit, dass die Kinder und Jugendlichen
durch die gesellschaftliche Verachtung aus Deutschland vertrieben oder ohnehin
staatlich verfolgt würden. Auch wenn er einer ,,grundsätzliche[n] Lösung der
Mischlingsfrage überhaupt“ und den staatlichen Maßnahmen gegen die Kinder
259 Proctor, Racial Hygiene, 112-13; Joseph Rovan, Contes de Dachau (Paris: Julliard, 1987),
160-63; Christian Pross, Götz Aly, The Value of the Human Being: Medicine in Germany
1918-1945, exhibition by the Ärztekammer Berlin in connection with the Bundesärztekammer,
transl. Marc Iwand (Berlin: Hentrich, 1991), 27; Gisela Bock, Zwangssterilisation im National¬
sozialismus: Studien zur Rassenpolitik und Frauenpolitik, Schriften des Zentralinstituts für
sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin, 48 (Opladen: Westdt. Verl.,
1986), 354; Reiner Pommerin, „Sterilisierung der Rheinlandbastarde": Das Schicksal einer
farbigen deutschen Minderheit 1918-1937 (Düsseldorf: Droste, 1979); Panzacchi, „Kinder“,
101-09; Marianne Bechhaus-Gerst, „Afrikaner in Deutschland 1933-1945“, 1999, 12 (1997),
H. 4, 10-33, hier 10-12.
260 HMP, G/Briefwechsel 1936-37: Roth-Lutra an Emrich v. 8.7.1937, 3-6, Zitat 3; cf. Roth-
Lutra an [Emrich] v. 1.7.1937, 3-5; Schepua, ^Sozialismus der Tat“1, 567; Bernd Neumüller,
„Die Erbgesundheitssachen in der Zeit des Dritten Reiches“, 175 Jahre pfälzisches Ober¬
landesgericht: 1815 Appellationshof Oberlandesgericht 1990: Festschrift, Hg. Sven Paulsen
(Neustadt, Wstr.: Meininger, 1990), 259.
~hl BayHStA, MK 15552: „Tag der Wissenschaft und Volksbildung“ der Gaukulturwoche
1936; HMP, G/Institutssitzungen: Dr. R., „... Groß spricht in Kaiserslautern am Tag der
Wissenschaft“, Saarbrücker Zeitung (16.10.1936).
262 Schmuhl, Grenzüberschreitungen, 297-99; cf. Proctor, Racial Hygiene, 112-13; Michael
Burleigh, Wolfgang Wippermann, The Racial State: Germany 1933-1945 (Cambridge:
Cambridge UP, 1991), 130; Gerhard Koch, Die Gesellschaft für Konstitutionsforschung:
Anfang und Ende 1942-1965; die Institute für Anthropologie, Rassenbiologie, Humangenetik
an den deutschen Hochschulen; die Rassenpolitischen Ämter der Jahre 1933-1945 (Erlangen:
Palm u. Enke, 1985), 259.
61 BayHStA, MK 15552: Rechnungsoberinspektor Meyer, Rechnungsprüfung der PGFW v.
13.11.1937, 15; cf. 18: Regierungs-Entschließung v. 14.12.1936; PGFW-Vollsitzung am
22.6.1937 [17].
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