Am Rande der Tagung suchten die Führer von VFG und WFG zum wiederholten
Male das Gespräch mit den saarpfälzischen Gauvertretern.691
Von keinem dieser Treffen sind Aufzeichnungen überliefert. Eventuelle Ergeb¬
nisse lassen sich nur aus der Folgeentwicklung rekonstruieren. Sicher anzuneh¬
men ist, dass beide Seiten die wissenschaftliche Hoheit über die saarländischen
Forschungen verlangten: Die WFG und ihre Verbündeten wollten die SFG nur
einem Universitätsprofessor überlassen. Die Gauvertreter, die diese Bedingung
nicht erfüllen konnten, wiesen jede Fremdbestimmung zurück. Bürckel sah vor,
die SFG mit der PGFW zu verschmelzen692 und „die Organisation der wissenschaft¬
lichen Arbeit ausschließlich zwischen Saargebiet und Pfalz“ durchzuführen.693 Das
Tischtuch zwischen WFG und Saar-Pfalz war seit dem Frühjahr 1935 zerschnitten
und die Forschung zwischen Saar und Rhein geschieden. Bürckel, Kölsch und
Emrich, die jetzt erst recht auf das EEI verzichten mussten, konzentrierten sich
auf die Volkstumspolitik und strukturelle Randgebietsförderung innerhalb des
Gaues. Um Zeit zu gewinnen, sicherten sie wohl der WFG eine allgemeine Zu¬
sammenarbeit zu, wobei sie auf die durch Günther Franz verbürgten guten
Beziehungen zwischen der Heidelberger Geschichtswissenschaft und der PGFW
verweisen konnten, denn seit 1935 dehnte Heidelberg seine Arbeit auf die Saar
aus und Franz’ landeskundliche Arbeitsgemeinschaft besuchte das Saarland.694
Bürckel entsandte sogar Vertreter auf die Tagungen der WFG, nicht zuletzt um
sich über deren Arbeiten und Pläne zu informieren, doch auf Seiten der WFG
erfuhr niemand etwas von saarpfälzischen Vorhaben. Bei sich daheim handhabte
Bürckel alles nach eigenem Gutdünken. Die WFG versuchte, das jenseitige
Elsass-Lothringen von ihren südwestdeutschen Universitätsinstituten in Frankfurt,
Freiburg und Heidelberg aus abzudecken. Im Fall von Ostlothringen gelang es ihr
nicht. In Ermangelung eines Standbeines im saarländischen Grenzvorland konnte
die WFG nicht die Deutschtumswissenschaftler im Grenzgebiet zusammenfassen
und sich daher nicht angemessen mit Lothringen beschäftigen. Nur eine einzige
WFG-Tagung befasste sich mit Lothringen und dies bloß im Zusammenhang mit
der Volkskunde im gesamten Mosel-Saar-Raum; dagegen hatten sieben Tagungen
das Eisass zum Gegenstand.695
Da er nicht von seinen Pflichten als Vorsitzender entbunden war, führte Aubin
von Breslau aus eine Geister-SFG weiter. Viele Pflichten hatte er nach der Rück¬
gliederung nicht mehr. Er verwaltete den Haushalt der SFG, förderte weiter die
691 PAAA, R60274, f. E062167: WFG-Tagung am 19./20.10.1935 in Bad Dürkheim.
692 BayHStA, MK 15552: Fr. Christmann, Emrich, Vollsitzung der ordentl. PGFW-Mitglieder
am 30.6.1938 [4-5].
693 HessHStA, 1150/63: Bongard an Aubin v. 27.2.1935, cf. Sante an Schmidt-Ott v. 8.3.1935.
694 LASb, SM 45: Franz an Keuth v. 29.6.1935.
695 Cf. Fahlbusch, Wissenschaft, 380 Tab. 5.
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