Volksbodens, ein Glied des deutschen Volkskörpers, hin- und hergezerrt im
Kampf um die Volks- und Staatsgrenzen, auszubrechen, sich loszulösen“ beginne
„und das eigene Lebensrecht, den eigenen Willen, im Kampf der Nachbarn“
anmelde. Elsässischer Eigensinn in Abgrenzung von seinem volkstumsgleichen
deutschen Nachbarn sei der Auftakt jener „Entwicklung, die dem deutschen
Volksboden im Westen einst unbestrittene Glieder“ entrissen habe und führe zu
elsässischer Eigenstaatlichkeit. Vor dem Schicksal der „Verschweizerung“, „dem
Sumpf der Verständnislosigkeit und der Feindschaft gegenüber der völkischen
Wiederbesinnung in Deutschland“, könne das Eisass nur bewahrt werden, wenn
sein deutsches Volkstum die „Leistung des Nationalsozialismus“ anerkenne, sich
der „von Innerfrankreich kommenden kommunistischen Welle“ entgegenstelle
und als „Bollwerk gegen den Bolschewismus“ zur deutsch-französischen Ver¬
ständigung beitrage.<l7: Seinen Antikommunismus verband Hellwig aber nicht, wie
zu seiner Zeit üblich, mit antisemitischen Ausfällen gegen Léon Blum und die
französische Volksfront-Regierung.
Wie stark Hellwig sich der nationalsozialistischen Volksidee annäherte, zeigt ein
weiterer Beitrag im Volk im Werden, der sich mit den westlichen Grenzgebieten
und den biologischen Grundlagen politischer Haltungen befasste. Von der Be¬
völkerungsgeschichte, der „wichtigsten Hilfswissenschaft von Rassengeschichte
und Rassenkunde“, versprach sich Hellwig Antworten auf „die entscheidenden
Fragen des deutschen Westens, nach den Ursachen des Abbröckelns zahlreicher
Volksteile vom Volksboden und der verschiedenartigen Einstellung zu allen
nationalen Fragen“. Er kritisierte Adolf Helboks Unterscheidung von Staats- und
Volksgeschichte und stellte diesem entgegen, dass der Nationalsozialismus gerade
die Trennung von Staats- und Volksangehörigen überwunden habe:
„Liefert denn nicht die ,Volksgeschichte’ wie sie Helbok als Entwicklungsge¬
schichte des Volksleibes als Organismus’ sieht, das Kernstück zu der staatlichen
,Geschichte des deutschen Volks’, nämlich die Geschichte unserer politischen
Volkwerdung? Volksgeschichte und Volkskunde als zusammenfassende Betrach¬
tung der rassischen, kulturellen und wirtschaftlichen Geschichte des deutschen
Volks und seiner Glieder können nicht nur nicht verzichten auf die politische
Geschichte, sondern sind untrennbar mit ihr verbunden, indem die politischen
Betätigungsformen des deutschen Volkes und seiner Glieder doch letzten Endes
immer Wirkungen innenbürtiger Kräfte in der Auseinandersetzung mit den natür¬
lichen Gegebenheiten und mit außenbürtigen Kräften sind!“
Hellwig setzte die Bevölkerungsgeschichte epistemologisch von der Siedlungs¬
geschichte ab und erläuterte ihre interdisziplinäre Vorgehensweise. Sie habe „neben
den statistischen alle volkskundlichen, wirtschaftlichen, soziologischen, stammes-
und rassenkundlichen Veränderungen im Bevölkerungsaufbau zu verfolgen“ und
67‘ Fritz Hellwig, „Land zwischen zwei Völkern: Bemerkungen zu einem elsässischen Elsaß-
Werk“, Volk im Werden. 4 (1936), 682-84, hier 683-84.
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