nationalsozialistischen Bewegung“.576 Die einzige Erklärung für seinen Gesinnungs¬
wandel ist Santes Hoffnung auf einen respektablen Posten im künftigen Gau
Bürckels. Es zog ihn nicht nach Wiesbaden zurück. Er wollte nach der Rückglie¬
derung in eine Forschungseinrichtung des Saarlandes oder in den saarländisch¬
pfälzischen Archivdienst übernommen werden-'77 und bot seine wissenschaftlichen
Dienste der pfälzischen Sache an. Schließlich brachte er sich in die Kulturarbeit von
Bürckels Deutscher Front ein77* und sprach der „natürlichen Einordnung“ der
Saarlande in das Gebiet von „Ober- und Mittelrhein“ das Wort.* 779
Der gute Kenner der westdeutschen Grenzgeschichte, PGFW-Mitglied Dr. Kurt
von Raumer, leitete in der Völkischen Wissenschaft aus Clemenceaus Memoiren
dessen rhein- und saarpolitische Leitgedanken ab. Als meisterlicher Verhandler
habe Clemenceau 1919 die Alliierten auf seine Seite gezogen. Innenpolitisch den
Annexionismus anklagend, habe er bei der Friedenskonferenz wie bei den
rheinischen Separatistenunruhen „gefährlicher und folgerichtiger als die von ihm
diffamierten Gewaltpolitiker das Ziel der Zurückschiebung Deutschlands hinter
den Rhein“ verfolgt.78" Raumer verdächtigte Frankreich, die europäische Stellung
des Reiches übernehmen und das Deutsche Reich zerstören zu wollen: von Außen
durch Koalitionen mit dessen Feinden, von Innen durch die etatistische und
demokratische „Entweihung“ des „germanischen Geistes“.581
Die Landauer Lehrerin Elisabeth Schmidt war mit ihren Eltern Anfang 1924 aus
dem Saargebiet ausgewiesen worden. So hatte sie ein persönliches Interesse an
einer Aufarbeitung der französischen Saarpolitik, die sie 1934 in ihrer von Karl
Haushofer betreuten Doktorarbeit zur Grenze zwischen Saargebiet und Pfalz
vornahm. In einem Artikel in der Völkischen Wissenschaft, den sie einem Kapitel
ihrer Dissertation entnommen hatte, betonte sie die landschaftliche, geschicht¬
liche, wirtschaftliche und bevölkerungsmäßige Zusammengehörigkeit von West¬
pfalz und Saargebiet: „Ebenso wie die übrige Bevölkerung der Pfalz ist die
Bevölkerung des Saargebietes nicht keltischer oder römischer, sondern deutscher
[sic] Abstammung, ist deutsch nach Blut und Sprache [...]“ In ihrem Schlusswort
gab sie ihrer Hoffnung auf die Saarabstimmung und auf einen Anschluss an die
Pfalz Ausdruck.782
576 Sante, „Saar - Rhein - Reich“, 218, 219.
7 HessHStA, 1150/63: Sante an Bongard v. 24.1.1935, cf. Sante an Gürich v. 28.1. u.
27.2.1935; H.-C. Herrmann, „Grundzüge“, 219-20.
778 Jacoby, Nationalsozialistische Herrschaftsübernahme, 93.
579 HessHStA, 1150/63: Sante, Verlegung des ELI v. 2.11.1934, 1.
780 Kurt von Raumer, „Clemenceau und die französische Rhein- und Saarpolitik“, Völkische
Wissenschaft [2] (1934/35), 204-18, Zitat 212.
781 Kurt von Raumer, „Die französische Rhein- und Saarpolitik“, Völkische Wissenschaft [2]
( 1934/35), 244-51, Zitate 249; cf. Applegate, Nation, 211.
58~ E[lisabeth] Schmidt, „Pfalz und Saargebiet: Versuch einer zusammenhängenden Darstellung
der beiderseitigen Lebensbeziehungen“, Völkische Wissenschaft [1] (1934), 42-64, hier 64, 49;
cf. Elisabeth Schmidt, „Die Grenze zwischen Pfalz und Saargebiet“, München, Univ., Diss., 1935.
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