Jahre nach und nach einige umliegende Häuser mit Leuchtgas ver¬
sorgte, blieb Saarbrücken-St. Johann zunächst bei seiner ablehnenden
Position.113 114 Mit dazu beigetragen haben dürfte auch die schlechte Stim¬
mungslage, die der Idee der öffentlichen Gasbeleuchtung - nicht zuletzt
über die örtliche Presse - entgegenschlug. Es überwogen in der Mehr¬
zahl Kritiker, die auf mögliche Explosionen und Gasvergiftungen hin¬
wiesen. "In einer satirischen Protestschrift von damals lesen wir von einer "Petition
der vereinigen Ti ulen und Käugchen von den Kirchtürmen der verunreinigten Städte
Saarbrücken und St. Johann", in der in poetischer Pom/ gegen die Errichtung einer
Gasbeleuchtung an der Saar Stellung genommen wird“.114 Noch 1855, als be¬
reits in fast 80 Städten in Deutschland eine Gasbeleuchtung existierte,
lehnte der Stadtrat ein Gesuch des Ingenieurs Wilhelm Bochkoltz zur
Errichtung einer Gasanstalt ab. Er konnte, so wurde ihm zum Vorwurf
gemacht, keinen Plan über den Verlauf der Leitungen vorlegen.115
Erst dem Ingenieur Heinrich Raupp aus Karlsruhe gelang es im darauf
folgenden Jahr, die kommunale Ablehnungsfront zu durchbrechen.
Obwohl der Gemeinderat von St. Johann schon im Mai 1856 einem
Vertrag mit Raupp zustimmte, verzögerte sich die Ausführung zu¬
nächst.116 Mit zwei Schreiben vom 16. Oktober und 11. November
1856 verweigerte die königliche Regierung in Trier die Genehmigung
zum Bau des Gaswerks. Heinrich Raupp aus Karlsruhe, so die offizielle
Begründung, war als Badener "Ausländer" und einem Ausländer dürfe
man einen solch gefährlichen Betrieb wie ein Gaswerk nicht überlassen.
Zudem empfehle es sich, die Gaswirtschaft nicht durch "ausländische"
Gesellschaften zu monopolisieren. Raupp stehe jedoch frei, seinen
Wohnsitz nach Preußen zu verlegen. Nachdem sich jedoch der
Großherzog von Baden beim König von Preußen als Fürsprecher für
Raupp einsetzte, erhielt dieser doch die Konzession.117
113 Vgl. Schilling (1877), S. 463; Haas (1941); an anderer Stelle, Dreher (1936), ist die
Rede davon, dass die kleine Gasbereitungsanstalt erst 1859 angelegt wurde.
114 Turner (1956); Dreher (1936)
115 StA Sbr. SJ 1403; AS 1911: Gemeinderatssitzung vom 27.4.1855; Schneider (1959),
S. 91
1,6 StA Sbr. AS 1911: Gemeinderatssitzung vom 22.5.1856; Saarbrücker Ztg. vom
28.5.1856
11 StA Sbr. AS 559; vgl. auch Schneider (1959), S. 91; 125 Jahre Gas (1982), S. 32;
Emmerich (1977)
95