Wendung in Fabriken bewährte sich die Gasbeleuchtung vor allem in
militärischen Gebäuden. Die neue Technik blieb hierbei zwar noch auf
ein einzelnes Gebäude beschränkt, doch ging der Installation der Gas¬
lampen zunächst ein zeitaufwendiges Genehmigungsverfahren voraus,
das das Militär und sonstige staatliche Behörden einschloss. Erstmals
stellte der Geheimrat Winzler 1802 in der Alsenkaserne in Wien und in
seiner eigenen Salmiakfabrik Thermolampen auf, im folgenden Jahr
beleuchtete er auch die Kunstgalerie des Grafen von Deym in Wien,
eine Kattundruckerei in Kettenhof, eine Salmiakfabrik in Nussdort bei
Wien und eine Ziegelei in Klosterneuburg.92 In Deutschland dürfte die
Maschinenfabrik Dinnendahl in Essen die erste Fabrik gewesen sein,
die seit 1818 über eine Gasbeleuchtungsanlage verfügte.
Die beiden ersten Entwicklungsstufen der Gasbeleuchtung grenzten
sich dadurch von den Folgenden ab, dass Gasproduzent und Gas¬
verbraucher übereinstimmten. Zwar fasste man schon im damaligen
Stadium die Gasbereitungsanlagen vor allem in Fabriken in eigenen
Räumen oder Gebäuden zusammen, doch behielten die Gasverbrau¬
cher ihre Position als autonome Energieproduzenten bei. Die Gas¬
technik setzte somit zunächst an den Einsatzbedingungen der her¬
kömmlichen Energieträger Öl, Wachs und Tran an. Die Anwendung
verblieb in der Verfügungsgewalt der Konsumenten, über Ort, Zeit¬
punkt und Ausmaß der Beleuchtung konnte der Energieverbrauch er
weitestgehend eigenständig entscheiden.
In der dritten Entwicklungsstufe der Gasbeleuchtung löste sich die
Verbindung von Energieproduzent und Energiekonsument auf. Mit
dem Gas stand erstmals ein Energieträger zur Verfügung, der ermög¬
lichte, von einer zentralen Stelle aus Verbraucher zu beliefern, Diese
Entwicklung erlaubt es von dem eigentlichen Beginn einer Gas Versorgung
zu sprechen. Gaskonsumenten auf der einen Seite wurden von Gas¬
produzenten auf der anderen Seite versorgt. Stand den Verbrauchern
mit dem Gas einerseits eine bequeme, helle, reinlichere, letztlich bessere
Beleuchtung zur Verfügung, gaben sie andererseits ihre Autarkie in der
Energiebeschaffung auf. Die Beleuchtungsanlagen wurden zum großen
Teil "nach aussen, in eine vom Hausvater nicht mehr kontrollierbare Feme verlegt.
Mit der öffentlichen Gasversorgung trat die häusliche Beleuchtung in ihr industrielles
Stadium. Das Haus, das aufhörte, seine eigene Beleuchtung und Heilung %u
produzieren, entmündigte sich gleichsam, indem es sich wie mit einer Nabelschnur an
92 Vgl. Schilling (1879), S. 13
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