stanken" ab. Andere Verfahren benutzten Mühlsteine zur Gewinnung
eines Talggemisches, das wiederum erwärmt wurde. Verschiedene
Talgsorten - beispielsweise Rind- und Hammeltalg - mussten anschlie¬
ßend in einem bestimmten Verhältnis gemischt, mit Wasser, Küchen¬
salz, Pottasche, Salpeter und Alaun verdünnt und noch einmal so lange
aufgekocht werden, bis das Wasser verdunstete und die Masse durch
ein Tuch in ein Behältnis abgelassen wurde.66 Danach gossen die Arbei¬
ter diese in Kupfer-, Zinn-, Blech- oder Glasformen und versahen sie
mit einem Docht. Solche Verfahren gestalteten sich sehr zeit- und ar¬
beitsaufwendig, die hergestellten Produkte hatten ihren entsprechenden
Preis.
Neben den Talgkerzen und den Wachskerzen, die aber außerordentlich
teuer waren, kamen im Laufe des 19. Jahrhunderts noch verschiedene
neue Brennstoffe auf. Dazu zählte das Stearin, das ebenfalls aus Ham¬
meltalg gewonnen wurde,67 das Paraffin, ein Destillationsprodukt aus
bituminösem Schiefer oder Teerprodukten, sowie die Camphine, ein
gereinigtes Kienöl mit einem Zusatz von Weingeist.68 Die Defizite der
bestehenden Beleuchtungsmittel konnte aber auch der Zusatz solcher
Kohlenwasserstoffe nicht beseitigen: "Die verschiedenen neuen Rohmateria¬
lien vermochten jedoch keine Г Verbesserung der Kerzen selbst herbei^ufUhren. Das
starke Rinnen, das häufige Putten oder Schneut^en mit der I dchtput^schere, der
unangenehme Geruch beim Auslöschen der Kerzen waren sehr lästige Beigaben. Nur
bei den teuren Wachs- und Walrat kerben machten sich diese Überstände weniger
bemerkbar".69
Nur einem Beleuchtungsmittel gelang es im 19. Jahrhundert, die unbe¬
grenzte Ausbreitung des Leuchtgases zu verhindern: dem Petroleum.
Reines Erdöl, in Mitteleuropa seit dem 16. Jahrhundert als Erdpech,
Steinöl oder Bitumen bekannt, erlangte anfangs keine nennenswerte
wirtschaftliche Bedeutung. Erst infolge der Entdeckung von Erdölquel¬
len in den USA und Russland und später auch in Deutschland und
66 Vgl. auch Niemann (1907), S. 970
6 Aus dem Talg wurde unter Zugabe von Kalk ein seifenartiges Produkt hergestellt,
wozu noch Schwefelsäure beigegeben wurde; vgl. Kuhn (1905), S. 18
68 Vgl. Ilgen (1874), S. 14 f.; Kuhn (1905), S. 18 f. Eine Sonderrolle in der Saarregion
spielte das Rohöl, welches man bei der Koksherstellung als Nebenprodukt gewann.
Demgegenüber fand auf den Rußhütten, wie sie etwa in Malstatt und Heiligenwald
bestanden, nur die Erzeugung von Ruß statt. Die Angaben von Drumm (1943), S. 76
f., auch Schmitt (1949), S. 170 und Schmitt (1987), S. 28, wonach die besagten
Rußhütten auch Teer und Lampenöl erzeugten, sind nicht haltbar; vgl. Wilhelm
(1988), S. 36
69 Niemann (1907), S. 971; auch Niemann (1908), S. 971
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