Mrd. Kubikmeter entspricht. Sollten die Betreiber vermehrt Atom¬
kraftwerke und Kohleanlagen stilllegen, stiege dieser Bedarf und damit
auch die Abhängigkeit vom russischen Erdgas zusätzlich an. Neue Be¬
zugsquellen, mit denen die Bundesrepublik oder Westeuropa der wach¬
senden russischen Dominanz entgehen könnten, sind kaum in Sicht.
Flüssiges Erdgas, tiefgekühlt und in Spezialtankern transportiert, wird
irgendwann vielleicht neue Nachschubwege eröffnen, denn aus Westaf¬
rika, dem Mittleren Osten oder selbst Südamerika beziehen heute schon
Länder wie Spanien, Portugal oder Italien einen Teil ihres Erdgas, ln
Mitteleuropa mit seinem dichten Pipelinenetz stellt diese Quelle bislang
jedoch keine Alternative dar.88
3. Der Einstieg von Ruhrgas und RAG bei der Saar Ferngas AG
Mit dem Scheitern einer eigenständigen Gasversorgungsgesellschaft in
Süddeutschland Mitte der 70er Jahre verstärkte sich die Dominanz der
Ruhrgas AG als Vorlieferant. Da es den damaligen süddeutschen Re¬
gionalunternehmen nicht gelang, eigene Bezugswege aufzubauen, die
steigende Nachfrage sie dennoch dazu zwang, die Gasbeschaffung auch
langfristig zu ordnen, konnte die Ruhrgas die Lieferkonditionen voll
und ganz bestimmen. Dabei spielten nicht nur kurzfristige Überlegun¬
gen - die Ausweitung des internen Gasabsatzes - eine Rolle. Vielmehr
ging es dem Essener Konzern darum, die Regionalunternehmen durch
seine Beteiligungspolitik auch langfristig an sich zu binden.
Gerade für die SFG gab es nach dem Scheitern des Algeriengeschäftes
keine realistische Alternative zu einem erneuten Lieferabschluss mit der
Ruhrgas. Da sich die Gasabgabe des saarländischen Unternehmens
1975 auf etwa 3,7 Mrd. Kubikmeter - bzw. 1,9 Mrd. Kubikmeter mit
8.400 cal/cbm - erhöhte, die Erdgasbezüge bis zu diesem Zeitpunkt
aber bloß zwei Mrd. Kubikmeter jährlich umfassten, musste der Ener¬
gieversorger zusätzliche Mengen kontrahieren. Empfindlich trafen die
chronisch unterkapitalisierte SFG zugleich Schadensersatzansprüche
der SONATRECH, die die Eigenkapitaldecke der SFG bei weitem
überstiegen. Aus Sicht der Ruhrgas lag es deshalb nahe, eine zusätzliche
^ Süddeutsche Ztg. vom 11.8.1998: Kleiner Kanaltunnel: Britisches Erdgas für
Deutschland; Handelsblatt vom 28.4.1999: Bei Erdgas gewinnt der Wettbewerb an
Schärfe; Financial Times Deutschland vom 10.7.2000; Energieversorger: Die neue
Macht des russischen Imperiums; Süddeutsche Ztg. vom 14.1.2003: Kräftiges Wachs¬
tum am Gasmarkt erwartet
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