1920 fast 18.000 Einwohner. Eine ähnliche Entwicklung durchlief
Neunkirchen: 1815, 1870 und 1920 lauten die Zahlen: 1.300, 8.700 und
34.500. Neunkirchen und Völklingen gehörten mit Städten wie Köln,
Mülheim oder Solingen zu den Orten der Rheinprovinz, die zwischen
1815 und 1914 eine Bevölkerungszunahme um das zehn- bis fünfzigfa¬
che aufwiesen.21 Zu diesem Ortstypus muss aber auch Malstatt-Burbach
gerechnet werden, das zwar 1876 die Stadtrechte erhielt und zu diesem
Zeitpunkt über 12.000 Einwohner besaß, aber niemals den Charakter
einer reinen Industriegemeinde ohne übergeordnete Dienstleistungs¬
funktionen ablegen konnte.
Schließlich sind als weiterer Ortstypus die Arbeiterdörfer zu nennen,
die in unmittelbarer Nachbarschaft meistens von Bergwerken lagen und
innerhalb weniger Jahrzehnte eine Wandlung vom rein agrarisch
geprägten Bauerndorf zum Arbeiterdorf durchmachten. Auch in diesen
Dörfern, wie etwa in Spiesen, Wiebelskirchen und Landsweiler, fand
eine erhebliche Bevölkerungszunahme statt. Zu diesem Ortstypus ge¬
hören auch die reinen Bergarbeiterkolonien wie etwa Heiligenwald,
Elversberg oder Göttelborn, die die Bergverwaltung gründete.
Zur Aufnahme der wachsenden Bevölkerung standen den Städten und
Gemeinden zwei Strategien zur Verfügung. Auf der einen Seite die
Ausweitung der Wohnviertel durch Neubau, Erweiterung der beste¬
henden Bebauung, Abriss von Festungsanlagen (Saarlouis) sowie die
Umwandlung von Flächen zur Gewerbeansiedlung und für Verkehrs¬
und sonstige Zwecke (äußere Stadterweiterung). Als zweite Strategie
lassen sich insbesondere in den Städten und größeren Ortschaften ein
innerer Ausbau, eine innere Konzentration durch Mehrgeschossbebau¬
ung, der Abriss alter, nicht mehr funktionaler Wohn- und Geschäfts¬
häuser und deren Ersetzung durch Neubauten erkennen (innere Stadt¬
erweiterung). Obwohl aber etwa Saarbrücken und Neunkirchen hohe
Bebauungsziffern22 von 12 beziehungsweise 17 aufwiesen, fand das
Mietshaus in der Saarregion nicht die Verbreitung wie in anderen Ge¬
genden Deutschlands.
21 Stubben (1917), S. 311
22 Stübben (1917), S. 315 f.; unter "Behausungsziffer" versteht Stübben das Verhältnis
von Hausbewohnern zu Haus: "Rechnet man die durchschnittliche Kopfzahl der
Familie zu sechs Personen, so würde eine nur aus Einfamilienhäusern bestehende
Stadt in jedem Hause nicht mehr als durchschnittlich sechs Bewohner zählen. Das
heißt die 'Behausungsziffer' 6 ist das Kennzeichen für die allgemeine Verbreitung des
Einfamilienhauses, wie die Behausungsziffer 12 das Zeichen dafür ist, daß
durchschnittlich zwei Familien in jedem Hause wohnen".
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