wesentlichen Produkt- und Prozessinnovationen in allen Industriebe¬
reichen vor der Jahrhundertwende bereits etabliert. Dennoch hielten
auch in den kommenden Jahrzehnten weitere Neuerungen Hinzug in
die Betriebe. In der Steinkohlegewinnung kamen ab 1880 und verstärkt
ab 1895 die ersten Schrämmmaschinen zum Einsatz, sodass die Pro¬
duktivität erheblich gesteigert werden konnte.10 In der Eisen- und
Stahlindustrie fanden zu diesem Zeitpunkt neue Produktionsverfahren
wie das Thomas-Verfahren und das Siemens-Martin-Verfahren Eingang
in den Produktionsprozess.11
Zur Erhöhung der Produktions- und Absatzmengen benötigten die
Betriebe darüber hinaus eine ausreichende Zahl an Arbeitskräften.
Zwar führten verschiedene produktionstechnische Neuerungen wie
etwa die Ablösung des "Frischens" durch das Puddelverfahren zu Ra-
donalisierungseffekten und damit zur Freisetzung von Beschäftigten,
doch wurden diese im Zuge der Expansion der Betriebe mehr als kom¬
pensiert. Im Bergbau waren 1835 erst 1.500 Beschäftigte angelegt, 1850
etwa 4.600, 1869 bereits knapp 19.000.12 Eine entsprechende Entwick¬
lung machte die Eisenindustrie durch. 1846 fanden gerade 1.086 Arbei¬
ter Anstellung, 1868 war die Zahl auf 4.380 gewachsen.13
Parallel mit der Industrialisierung ging auch eine erhebliche Bevölke¬
rungszunahme einher. Obwohl ein direkter Zusammenhang zwischen
Industrialisierung und Bevölkerungswachstum nicht hergestellt werden
kann, und auch andere Faktoren wie etwa die Verbesserungen der An¬
baumethoden in der Landwirtschaft, die medizinischen Errungen¬
schaften und die intensive Überwachung der Bevölkerung durch Medi¬
zinalbeamte wesentliche Faktoren darstellten, boten die Wachstumsin¬
dustrien Bergbau, Eisenindustrie sowie die nachgelagerten Bereiche,
Handel und Dienstleistungen doch Tausenden von Menschen Er¬
werbsmöglichkeiten.14 1817 wohnten auf dem Gebiet des heutigen
Saarlandes etwa 120.000 Menschen, in den folgenden Jahrzehnten
stellte sich, wenn auch mit kurzzeitigen Unterbrechungen, ein derartiges
Bevölkerungswachstum ein, dass die Saargegend zu der Region mit der
höchsten Bevölkerungszunahme in der Rheinprovinz und damit in
Deutschland gehörte.15 1825 lebten bereits knapp 200.000, in der Jahr¬
10 Vgl. Malter (1990), S. 92 f.
11 Vgl. Latz (1985), S. 38
12 Latz (1985), S. 92; Hasslacher (1884), S. 84
13 Vgl. Horch (1985), S. 221
14 Vgl. Kiesewetter (1980), S. 316 f.
Vgl. Klein (1982), S. 97; nach Karbach (1994) lebten 1815/18 etwa 146.000 Men¬
schen in den Grenzen des heutigen Saarlandes.
38