Erzeugung hochwertiger und den unterschiedlichen Anforderungen
genügenden Stahlsorten.
Neben der Umstellung auf neue Produktionsmethoden und Produkte
ging der entscheidende Impuls für die Industrialisierung vom Ausbau
der Verkehrswege aus. Bereits 1840 erfolgten Regulierungsarbeiten an
der unteren Saar, sodass die Fahrtiefe bei 1,50 Meter lag. Deshalb
spielten die Witterungsbedingungen und der Wasserstand keine aus¬
schlaggebende Rolle mehr, die Transportmöglichkeiten verbesserten
sich deutlich.6 * 1852 nahm die Königliche Saarbrücker Eisenbahn ihren
Betrieb auf, welche die pfälzische Ludwigsbahn zwischen Ludwigshafen
und Mittelbexbach mit der französischen Ostbahn zwischen Paris und
Metz beziehungsweise Forbach verband. Dies erleichterte wesentlich
den Versand von Steinkohle sowie von Fertigerzeugnissen nach Frank¬
reich und an den Rhein. Diese neuen Verkehrswege, die in den beiden
kommenden Jahrzehnten noch um weitere Strecken in Richtung Bin¬
gen, Trier und Straßburg ergänzt wurden, veränderten die Standortbe¬
dingungen der Region grundlegend. Verschiedene Gruben insbeson¬
dere im Fischbach- und Sulzbachtal eröffneten ihren Betrieb in unmit¬
telbarer Nachbarschaft des Schienennetzes. Auch mehrere Eisenhütten
errichteten im Zuge einer ''partiellen Zentralisation der Industrie" (Sombart)
neue Betriebe an diesen Verkehrswegen, zu denen 1865 auch der Saar¬
kanal hinzukam. 1856 gründeten belgische und luxemburgische In¬
dustrielle in Malstatt-Burbach am Ufer der Saar eine große Eisenhütte,
1874 folgte die Völklinger Hütte, auch die Haiberger Hütte erhielt in
den sechziger Jahren zwTei neue Hochöfen und eine große Gießerei.
Die veränderten Produktions- und Transportbedingungen schlugen sich
in erhöhten Produktionszahlen nieder. Lag die Roheisenerzeugung aller
Hütten der Saargegend 1854 bei knapp 10.000 Tonnen, betrug sie zehn
Jahre später 56.000 Tonnen.8 Ähnliches galt für die Steinkohlenför¬
derung. 1850, zum Zeitpunkt des Anschlusses der ersten Tiefbaugruben
an das Eisenbahnnetz, wurden ca. 600.000 Tonnen gefördert, 1869 fast
die sechsfache Menge.
Vieles spricht dafür, die eigentliche Industrialisierung um 1890 als weit¬
gehend abgeschlossen zu betrachten. Versteht man unter Industrialisie¬
rung "die Periode %wischen der Vorlaujphase, der so genannten Protoindustrialisie-
rung (...) und dem Zustand eines eigendynamischen Wachstums",9 so waren die
6 Vgl. Eifler (1927), S. 50
n' Vgl. Hoppstädter (1961); Herrmann (1977), S. 540 f.
^ Vgl. Dieckmann (1902), S. 21
^ Vgl. Kiesewetter (1980), S. 309
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