Full text: 75 Jahre Saar Ferngas AG (38)

Initiative eines Bürgerkomitees zur Errichtung eines Gaswerks zunächst 
ab. Da der Stadtrat und ein Teil der Bürgerschaft befürchteten, dass mit 
dem Betrieb ein hohes finanzielles Risiko verbunden sei, schoben sie 
die Entscheidung bis zum Jahre 1878 hinaus.178 
Neben der großen Bedeutung privater Initiativen für die Gaswerks¬ 
gründungen fällt für die pfälzische Region auf, dass in mehreren Städ¬ 
ten gemischtwirtschaftliche Lösungen zum Zuge kamen, indem sich die 
Städte am Aktienkapital von Privatunternehmen beteiligten. In Kaisers- 
lautem regten schon 1856 die Privatleute O. Beylich, Professor für Me¬ 
chanik an der dortigen Gewerbeschule, und der Regierungsrat Franz 
Flamin Meuth die Einführung einer Gasbeleuchtung an. Neben der 
Stadt kamen hier mehrere Baumwollspinnereien und Tuchfabriken als 
Abnehmer in Frage. Zwar wollte die Stadt das Werk zunächst in Eigen¬ 
regie betreiben und zu diesem Zweck eine Anleihe aufnehmen, doch 
zog sie im Laufe der Verhandlungen vor, eine privatwirtschaftliche Ge¬ 
sellschaft zu gründen, die Gasanstalt Kaiserslautern. An dieser Firma 
beteiligte sie sich am Stammkapital in Höhe von 90.000 Gld. mit 40.000 
Gld. Auch übernahm sie drei von sieben Sitzen im Verwaltungsrat, dem 
Vorstandsgremium der Gesellschaft. Die Vertragsdauer umfasste nach 
Inbetriebnahme des Werkes, im Dezember 1858, 90 Jahre.p9 Auch in 
Krankenthal wurde 1862 eine entsprechende Gesellschaft gegründet, die 
"Gasanstalt Frankenthal". Da die Stadt offensichtlich nicht in der Lage 
war, die erforderlichen Investitionsmittel vollständig aufzubringen, 
andererseits aber ihren Einfluss auf die laufende Geschäftstätigkeit 
nicht völlig aus der Hand geben wollte, gründete sie eine Aktiengesell¬ 
schaft, an der sie selbst 40.000 Gld. übernahm. Weitere 20.000 Gld. 
brachten jeweils die "Höchstbesteuerten" sowie die sonstige Bür¬ 
gerschaft auf. Der Verwaltungsrat der Gesellschaft setzte sich zu einem 
Drittel aus Stadträten und zu zwei Dritteln aus den Aktionären zusam¬ 
men. Jedoch behielt sich die Stadt vor, die Gasanstalt nach 20 Jahren in 
178 Vgl. Schilling (1896), S. 81, 117, 135 f. und 236; Schilling (1896), S. 70, 103, 115, 
149, 213 f.; Probst (1898), S. 412; Laux (1960); Döhn (1968), S. 373; Lampert (1975), 
S. 341 f.; Nell (1976), S. 77; Bad Dürkheim (1978), S. 491 f.; Stadtwerke Kirchheim¬ 
bolanden (1978); Schumacher (1993), S. 192; zusammenfassend Rothenberger (1994), 
S. 10 ff. 
179 Vgl. Schilling (1868), S. 170; Schilling (1896), S. 142; Münch (1951), S. 355; Friedei 
(1958), S. 33 f.; Pfalz. Industrie- und Handelsblatt 33. Jg. (1958), S. 347 f.; Schneider 
(1975), S. 15; Christmann (1976), S. 302; Friedei (1982), S. 87; Gasanstalt (1983); Ro¬ 
thenberger (1994), S. 7; bis heute ist diese gemischtwirtschaftliche Struktur des Unter¬ 
nehmens erhalten geblieben. An der "Gasanstalt Kaiserslautern" besitzen die Stadt 
Kaiserslautern 54,17 Prozent, das F,rdgasunternehmen Thüga AG 41,83 Prozent und 
Kleinaktionäre vier Prozent. 
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