1930.164 Weitere Vertragsabschlüsse mit industriellen Großkunden, bei¬
spielsweise mit der Gesenkschmiede Schwinn, standen auf Homburger
Gebiet bevor. Homburg wollte anfangs die Direktbelieferung der In¬
dustrie, selbst wenn es sich beim Homburger Eisenwerk um eine
Tochterfirma der Neunkircher Hütte handelte, mit allen Mitteln ver¬
hindern. Denn die Absatzmengen dieses Industriebetriebes übertrafen
den kommunalen Gasbedarf um ein Vielfaches. Entgangene Einnah¬
men in fünfstelliger Größenordnung wären die Folge gewesen. Auf der
anderen Seite wollte das Neunkircher Eisenwerk die Gaslieferungen an
die Konzerntochter von unnötigen Aufschlägen befreit wissen. Alleine
die Tatsache, dass der Konzernbetrieb bis zu diesem Zeitpunkt eben
nicht zur Wärmeversorgung mittels Gas übergegangen war, stellte Be¬
weis genug dar, dass das kommunale Gaswerk mit seiner Preispolitik
keinerlei Anreize zur Umstellung der Brennstoffwirtschaft gab. Beide
Seiten kamen nach langen Verhandlungen über folgendes Modell über¬
ein: Das Kommunalgas sollte nach einer Preisstaffel zwischen fünf und
sechs Pfg. geliefert werden. Gas für gewerbliche Abnehmer mit einem
Jahresverbrauch zwischen 125.000 und 500.000 Kubikmeter erhielt die
Gemeinde zum Industriegaspreis von 3,7 Pfg. Abschlüsse mit Kunden,
deren Jahresverbrauch 500.000 Kubikmeter übertraf, oblag der FGS.
Als Ausgleich stand der Stadt eine finanzielle Beteiligung zu, die drei
Prozent der Erlöse nicht überschreiten durfte. Im Falle des Vertragsab¬
schlusses mit der Firma Schwinn war die FGS bereit, Homburg 0,1 Pfg.
je Kubikmeter zu zahlen.165
Auch wenn es der Verwaltung im Zuge der Verhandlungen gelang, die
Gaspreise für Kommunalgas auf eine Spannbreite von 5,5 bis 3,6 Pfg.
noch weiter herunterzuhandeln und sich eine finanzielle Beteiligung für
Direktlieferungen an Großabnehmer zu sichern, bedeutete diese Rege¬
lung doch ein Verlust der kommunalen Autonomie in der Gasversor¬
gung. Denn erstmals gelang der FGS die Herauslösung eines indu¬
striellen Großkunden aus der Belieferung des örtlichen Gaswerks, was
auch rechtlich sanktioniert wurde. Das Homburger Gaswerk gab damit
nicht nur einen Wachstums trächtigen Absatzmarkt auf, sondern gab
auch ein negatives Beispiel für die anderen Gemeinden ab.
Während es der FGS in den folgenden Jahren in den beiden Bezirken
Homburg und St. Ingbert weitere Industriebetriebe als Gasverbraucher
gewann (Glashütte Vopeüus-Wentzel, Schraubenfabrik Peter, Eisen¬
164 A Stadtverband Sbr. G-S/13: Geschäftsbericht 1929 vom 19.7.1930; man kann
den 9.4.1930 im weitesten Sinne als Beginn der Geschäftsaufnahme der FGS bezeich¬
nen.
165 StA Sbr. G 24/7166: Arbeitsausschuß vom 10.10.1930; die Lieferung an die Firma
Schwinn wurde im Februar 1932 aufgenommen.
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