wicklung der Branche und der Kommunalwirtschaft her, benennen
nicht die Ursachen, die zur Ablösung der Steinkohlengaserzeugung
durch die Kokereigasversorgung führten und lassen auch die politi¬
schen Entscheidungsprozesse, die zu einer Neuverteilung des Aufga¬
benbereichs zwischen Regional- und Kommunalunternehmen führten,
außen vor.
Die angesprochenen Defizite betreffen auch - insofern die Gasversor¬
gung als eigenständiger Wirtschaftszweig denn überhaupt angesprochen
wird - die wenigen systematischen Darstellungen über die Industrialisie¬
rung in der Saarregion. So reihen beispielsweise die Autoren in dem zu¬
letzt erschienen Band zur saarländischen Landeskunde im Kapitel über
die Gasversorgung eine Reihe - zudem oft fehlerhafter - Daten unsys¬
tematisch und ohne inneren Bezug aneinander.2 Ähnliches gilt für die
umfangreiche Darstellung zur Geschichte Saarbrückens.* 28 Eine rühmli¬
che Ausnahme bildet hingegen die sehr umfangreiche Darstellung von
- Karbach/Thomes (1994), S. 172 £; das Homburger Gaswerk wurde 1871 und nicht
1870 eröffnet; die Thüringer Gasgesellschaft hat in der Saarregion Gaswerke nicht er¬
richtet, sondern wie in Neunkirchen und Malstatt-Burbach bereits bestehende gepach¬
tet. Das gleiche gilt für die Gasanstalt-Betriebsgesellschaft, deren eigentliche Aufgabe
im Zwischenhandel mit Kokereigas lag. Wenn weiterhin die Städte und Gemeinden
die Gaswerke von Privatunternehmen erwarben, haben sie sie nicht gleich wieder ver¬
pachtet. Die Beweggründe, die zur Verpachtung der Malstatter Gaswerks geführt ha¬
ben, lagen vor allem darin, dass der bisherige Pächter seinen Zahlungsverpflichtungen
gegenüber der Stadt nicht mehr nachkam, und nur indirekt in der wirtschaftlichen
Flaute, ln St. Wendel führte die Gasanstalt-Betriebsgesellschaft das Gaswerk nur für
einige Monate während des Umbaus. Dass Saarbrücken und St. Johann in den Jahren
1910 und 1911 ihre Gaswerke stilllegten, war durch eine Reihe von Faktoren bedingt,
und hing nicht nur mit dem Kokereigasüberschuss der Haiberger Hütte zusammen.
Das kleine Gaswerk der Haiberger Hütte stammt im Übrigen von 1874 und nicht von
1872 und hat auch niemals umliegende Gemeinden mit Leuchtgas versorgt. Vielmehr
erhielten Fechingen und Brebach seit 1906 Kokereigas. Zwischen 1909 und 1914 nahm
der Gasabsatz in Saarbrücken von 8,2 auf 8,5 Mio. cbm und nicht wie behauptet von
7,7 auf 7,9 Mio. cbm zu. Auch hat die Elektrizität zu keinen Absatzrückgängen im
Gasverbrauch geführt, da sich das Gas zur gleichen Zeit neue Einsatzfelder wie Hei¬
zung, Warmwasserbereitung und Industrie sichern konnte.
^ Wittenbrock (1999) datiert beispielsweise die Inbetriebnahme des Gaswerks von
Malstatt-Burbach auf 1873, statt auf 1874. Auch resultierte die Ablösung des privaten
Gaswerks von Heinrich Raupp nicht aus der Unzufriedenheit mit den Gaspreisen o-
der der schlechten Gasqualität, sondern aus der Zielsetzung der Stadt St. Johann eine
kommunale Einnahmequelle zu erschließen. Raupp kam im Gegensatz zu anderen
Privatunternehmern der Stadt mehrfach in Form von Preisnachlässen entgegen.
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