nung der Kokereigasversorgung, wobei die Gemeinden unter allen
Umständen verhindern wollten, die Belieferung von Industriekunden
aus den Händen zu geben. Auf der anderen Seite lehnten die meisten
Industriebetriebe die Umstellung ihrer Wärmeversorgung auf Gas ab,
solange noch Preisaufschläge der Gemeindegaswerke den Energieträger
belasteten. Zudem erforderte der Aufbau einer Ferngasversorgung er¬
hebliche Kapitalmittel, welche das RWE nur teilweise aufbringen
konnte, konzentrierte es sich doch in den 20er-jahren auf den Ausbau
der Elektrizitätsversorgung.14 Schließlich machte sich beim RWE nega¬
tiv bemerkbar, dass es zwar mit acht Zechen Lieferverträge abgeschlos¬
sen hatte, selbst aber keinerlei Kokereien besaß und sich somit in weit¬
gehender Abhängigkeit von den Eieferkonditionen der Bergwerksge¬
sellschaften befand. Damit blieben dem Unternehmen die Hände ge¬
bunden, denn i.d.R. behielten sich die Zechengesellschaften vor, gerade
die eigenen Konzernwerke selbst zu beliefern. Speziell solche Gro߬
unternehmen spielten aber für die Absatzpolitik eines Gasunterneh¬
mens die ausschlaggebende Rolle, weil ihr Verbrauch oftmals den
Verbrauch einer Großstadt übertraf. Solcherart Sachzwänge setzten ei¬
ner Gasfernversorgung durch das RWE entscheidende Grenzen.
Diese Defizite förderten in den Reihen des Ruhrbergbaus das Vorha¬
ben, eine zentrale Verkaufsorganisaüon für Kokereigas zu schaffen. Zu
deren Aufgaben sollte gehören, die Akzeptanz innerhalb der Kommu¬
nen für die Ferngasversorgung zu verbessern, genauere Pläne für eine
Ferngasversorgung zu entwickeln und insbesondere mit Industriekun¬
den in Verhandlungen zu treten. Zunächst fanden die Gespräche intern
im Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikat statt, welches seit seiner
Gründung im Jahre 1893 für den zentral geregelten Verkauf der
Ruhrkohle die Verantwortung trug. Dem zuständigen Koksabsatzaus¬
schuss machten die Generaldirektoren der Vereinigten Stahlwerke AG
und der Stinnes-Zechen, Albert Vogler und Alfred Pott, im August
1926 den Vorschlag, eine Gesellschaft zu gründen, die sich speziell mit
der Ferngasversorgung, Fernheizung, Kohleverschwelung und Kohlen¬
staubfeuerung beschäftigen sollte. Das Syndikat stimmte den Vorstel¬
lungen der beiden Generaldirektoren zu; sämtliche Zechen verpflich¬
teten sich, in Zukunft von einem eigenmächtigen Vorgehen in der
Ferngasversorgung abzusehen.15
Zwecks besserer Koordinierung des Aufgabenbereichs fand am 11.
Oktober 1926 in Essen die Gründung der "Aktiengesellschaft für
Kohleverwertung" (AfK) statt. Obwohl sich daran 90 Prozent der Ze¬
14 Vgl. Classen (1958), S. 141
^ Zu der Enstehungsgeschichte der Ruhrgas AG: 25 Jahre Ruhrgas AG (1951)
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