Erzeugungskosten sowie die schnellere Einführung technischer Neue¬
rungen wie moderner Ofensysteme (Vertikalöfen), mechanischer
Kohle- und Koksfördereinrichtungen und Anlagen zur Gewinnung und
Verarbeitung der Nebenerzeugnisse.146
Gegenüber der Konkurrenz der Elektrizität befand sich die Gaswirt¬
schaft zu Beginn des Jahrhunderts in Rückstand. Während es der
Elektrizitätswirtschaft gelang, durch den Bau von Überlandzentralen in
den ländlichen Raum vorzudringen, beschränkte sich die Gaswirtschaft
bis dahin überwiegend auf die städtischen Gebiete, Die Gruppengas¬
versorgung bildete den Versuch, nicht noch weitere Gebiete, vor allem
im Beleuchtungssektor an die aufkommende Stromversorgung zu ver¬
lieren. Dabei stellte sich heraus, dass der Kapitalbedarf von Gasleitun¬
gen zwar höher lag als der von Stromleitungen, der Gastransport an
sich aber billiger war; der Kraftbedarf pro PS übertragener Energieein¬
heit gestaltete sich bei Gas jedoch viermal so günstig wie bei der
Elektrizität.147
In technischer Hinsicht basierte die Gruppengasversorgung vor allem
auf Verbesserungen in der Leitungstechnik, was den Transport des Ga¬
ses auch über weite Entfernungen sicherstellte. Ausgehend von Erfah¬
rungen in den Vereinigten Staaten, wo Erdgas schon seit 1880 in
Hochdruckleitungen über mehrere hundert Kilometer transportiert
wurde, hielten Druckleitungen um die Jahrhundertwende auch in der
europäischen Gasindustrie Einzug. Neben den Hochdruckleitungen
bestanden noch andere technische Möglichkeiten, den Gastransport
auch über große Entfernungen sicherzustellen. Dazu zählten erstens
Anlagen, die natürliche Höhenunterschiede nutzten, um die erforderli¬
che Druckerhöhung zu erreichen, zweitens Anlagen, die die Drucker¬
höhung durch belastete Gasbehälter erreichten, und drittens Anlagen,
die die Druckerhöhung durch Kapselradgebläse oder ähnliche techni¬
sche Einrichtungen (Ventilator) in der Gasanstalt oder am Anfang der
Ferngasversorgung herstellten.148
Die erste Gasüberlandzentrale in Europa ging in der Schweiz, in St.
Margrethen im Rheintal, in Betrieb. Von der dortigen Anlage wurden seit
1900 insgesamt zehn Gemeinden über ein Kapselradgebläse versorgt.149
In Deutschland griff man die Idee zunächst 1903 in Travemünde auf. Das
Seebad erwies sich zwar für die Errichtung einer eigenen Gasanstalt als
zu klein, erhielt das Gas deshalb über eine 23 Kilometer lange Leitung
146 Vgl. Geitmann (1910), S. 103
147 Vgl. Petzold (1913), S. 202
148 Menzel (1905), S. 701
149 Vgl. Menzel (1905), S. 701; Petzold (1914), S. 6
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