Infolge der Lieferunterbrechungen verzeichnete das Geschäftsjahr
1923/24 rückläufige Absatzzahlen: von 12,3 Mio. Kubikmeter im Vor¬
jahr auf 10,5 Mio. Kubikmeter.139 Da in den beiden folgenden Ge¬
schäftsjahren 1924/25 und 1925 die Gasabgabe auf 13,5 Mio. stieg, sah
sich die Stadtverwaltung veranlasst, die Gasbeschaffung neu zu organi¬
sieren.140 Sie erneuerte den Vertrag mit der Haiberger Hütte und
schloss zudem mit der Burbacher Hütte einen entsprechenden Vertrag
ab.141 Der Vertrag mit der Burbacher Hütte vom 1. Juli 1927 besaß eine
Laufzeit von zehn Jahren. Die Liefermenge umfasste zehn Mio. Kubik¬
meter pro Jahr. Dies machte den Bau einer Reinigungsanlage und eines
Hochbehälters auf dem Gelände des früheren Gaswerks Burbach er¬
forderlich. Die Bezugsmenge von der Haiberger Hütte lautete über
jährlich neun Mio. Kubikmeter bis 1937.142
Weniger prinzipielle Erwägungen denn die spezifischen kommunalpoli¬
tischen Bedingungen der in Frage kommenden Kommunen bestimm¬
ten die Einführung der Kokereigasversorgung in der Saarregion. Wäh¬
rend in Brebach bis zum Zeitpunkt der Einführung der Kokereigasver¬
sorgung noch überhaupt keine öffendiche Beleuchtung bestand, sah
sich Saarbrücken im Zuge der Stadtgründung vor die Alternative ge¬
stellt, die drei dezentralen und teilweise veralteten Erzeugungsanlagen
zusammenzufassen und grundlegend zu erneuern oder zur Kokereigas¬
versorgung überzugehen. Obwohl mit der Entscheidung für den
Fremdbezug ein erster Schritt zur E,ntkommunalisierung der Gasver¬
sorgung erfolgte, indem die Eigenerzeugung aufgegeben wurde und ein
Teil der Leitungsanlagen nun nicht mehr der Verfügungsgewalt der
Kommune unterlag, wurde die Diskussion zu keinem Zeitpunkt unter
prinzipiellen politischen Erwägungen geführt, sondern bestimmten be¬
triebswirtschaftliche, stadtplanerische und selbst umweltpolitische As¬
pekte die Diskussion. Der Bezug von Kokereigas von einer benach¬
barten Hütte bot deshalb in dreifacher Flinsicht Vorteile: Zum einen
entfielen die Investitionskosten für die Modernisierung und den Ausbau
der Erzeugungseinrichtungen; der wachsende Bedarf ließ vielmehr
durch die Modifizierung und Aufstockung der Bezugsverträge befriedi¬
gen. Zum anderen konnte die Stadt die Emissionsbeeinträchtigungen
für die sich im Umfeld der alten Gaswerke liegenden Wohngebiete ab¬
1^9 Saarbrücker Ztg. vom 21.6.1923: Verwaltungsbericht der städtischen Verwaltung
für das Jahr 1920; Saarbrücker Ztg. vom 9.5.1924: Bericht über die städtische Ver¬
waltung im Jahre 1923
Saarbrücker Ztg. vom 24.7.1925: Der Verwaltungsbericht der Stadt Saarbrücken
141 Kommunalpol. Blätter an der Saar, Jg. 1926, Nr. 7, S. 27: Verwaltungsbericht der
Stadt Saarbrücken; auch Saarbrücker Ztg. vom 21.3.1926; Schneider (1959), S. 92
142 Stadtwerke Vkl. Akte Gasversorgung: Vertrag F.G.S. - Hütten vom 6.1. 1930
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