Full text: 75 Jahre Saar Ferngas AG

Konzessionsvertrages zu bewegen. Die Gemeinde nutzte jedoch die in 
den Verträgen von 1864 und 1888 festgelegten Option, nach Ablauf 
der Vertragsdauer das Gaswerk gegen einen gütlich zu vereinbarenden 
oder durch eine vereidigte Expertise festzustellenden Preis zu über¬ 
nehmen.259 Für 450.000 Mark kaufte die Gemeinde 1903 der Thüringer 
Gasgesellschaft den Betrieb ab, am 1. Januar 1904 ging das Gaswerk in 
den Besitz der Gemeinde über.260 Das Unternehmen blieb jedoch als 
Pächterin bis zum 31. Dezember 1910 weiterhin verantwortlich. Der 
Pachtzins lag bei acht Prozent des Ankaufspreises und 6,5 Prozent der 
Erweiterungskosten. Die Thüringer Gasgesellschaft verpflichtete sich, 
alle Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten an den Gebäuden, den 
Betriebseinrichtungen und dem Leitungsnetz auf ihre Kosten auszu¬ 
führen.261 Der Besitzwechsel schlug sich jedoch keineswegs negativ aul 
die Absatzentwicklung des Gaswerks nieder: 1908 erreichte die Gaser¬ 
zeugung erstmals die Zwei-Millionen-Grenze, erst in den beiden fol¬ 
genden Jahren ging der Absatz zurück; Neunkirchen hatte 1907 ein ei¬ 
genes Elektrizitätswerk errichtet. 
Im Gegensatz zur Thüringer Gasgesellschaft, die die Konzessionsver¬ 
träge mit den in Frage kommenden Gemeinden gerne verlängert hätte, 
sahen sich in St. Wendel die örtlichen Betreiber nicht mehr in der Lage, 
den notwendigen Ausbau des Gaswerks zu finanzieren. Sie boten von 
sich aus der Stadt im Jahre 1910 das Gaswerk zu einem Preis von 
140.000 Mark an, worauf die Stadt einging.262 Noch im selben Jahr er¬ 
hielt die Ofenanlage sechs zusätzliche Retorten, sodass das Werk zum 
besagten Zeitpunkt aus zwei Öfen mit insgesamt elf Retorten be¬ 
stand.263 Zudem ließ die Stadt auf den Straßen 110 neue Rechlaternen 
mit höherer Lichtausbeute aufstellen, die Vororte Alsfassen und Breiten 
an das Gasnetz anschließen sowie das Rohrnetz durch eine zweite Zu¬ 
bringerleitung über die Blies verstärken.264 Diese Erweiterungen und 
Umbauten verursachten einen Investitionsaufwand von 267.000 Mark, 
welchen die Stadt durch eine Anleihe bei der Landesbank der Rhein¬ 
provinz aufbrachte.265 Während der Zeit des Umbaus verpachtete die 
259 StA Nk. A I Nr. 354: Vertrag vom 10.6.1863: Paragraph 19 
260 JfG, 47. jg. (1904), Nr. 2, S. 43; BMF vom 20.10.1903 
261 StA Nk. Verwaltungsbericht Neunkirchen für 1895 bis 1903 
262 StA St. Wnd. D 6 17 a: Stadtratssitzung vom 9.7.1909 
263 St. Wendeier Volksblatt vom 22.5.1909 
264 St. Wendeier Volksblatt vom 18.12.1909; Sondernummer 50 Jahre St. Wendeier 
Volksblatt vom 10.10.1929: Die Versorgung St. Wendeis mit Gas und Wasser 
265 SA St. Wnd. D 6 17 a: Stadtratssitzung vom 26.10.1909 
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