Full text: Das Saarland im doppelten Strukturwandel 1956 - 1970 (36)

Nach einer vorübergehenden Erholung in 1958 sank der Anteil des Saarlandes an der 
deutschen Rohstahlerzeugung kontinuierlich ab, so daß im Vergleich zur stürmischen 
Entwicklung der internationalen Stahlmärkte geradezu von einer Stagnation gespro¬ 
chen werden konnte. ' Nach Darstellung des Statistischen Landesamtes reagierte die 
Industrie während der Übergangszeit somit durchaus mit einer gezielten Investitions¬ 
politik, die jedoch dadurch gehemmt wurde, daß die Zukuntlsaussichten der Saarwirt¬ 
schaft nach der Übergangszeit noch nicht übersehbar waren. Zudem kristallisierte 
sich sehr bald heraus, daß trotz der Investitionstätigkeit die stark - und zunehmend 
verstärkt - auf den französischen Markt ausgerichtete Industrie von der Eingliederung 
besonders heftig getroffen werden würde, wobei nur die wirklich unter Außen¬ 
handelsbedingungen wettbewerbsfähigen Unternehmen diese Umstellung würden 
bewältigen können.74 
In der gesamtwirtschaftlichen Bilanz zeichneten sich diese Einzelentwicklungen 
jedoch nicht sehr deutlich ab. Zwar verlangsamte sich zunächst das Wachstum ins¬ 
besondere der eisenschaffenden Industrie - was auch Rückwirkungen auf die nachge¬ 
lagerten Industrien auslöste -, dies wurde jedoch durch positive Effekte Anfang 1958 
etwas abgeschwächt. Per Saldo konnten daher die negativen Einflüsse des Bergbaus 
auf die gesamtwirtschaftliche Entw icklung durchaus kompensiert werden.75 Der saar¬ 
ländische Arbeitsmarkt dagegen zeigte sich von der facettenreichen Entwicklung der 
saarländischen Wirtschaftsentwicklung weitgehend unberührt. Bei konstanter Voll¬ 
beschäftigung war als stärkste Einflußgröße noch die Verlegung des Einschul- bzw. 
Schulentlassungstermins im Jahr 1958 zu nennen, die mit ihrer vorübergehenden 
Verschiebung des Berufseintritts von ca. 10.000 Schulabgängern die Lücke bei 
Nachwuchskräften statistisch signifikant vergrößerte. Auch die nach bereinigten 
Zahlen feststellbare weitere Zunahme der Frauenbeschäftigung steht für eine kontinu¬ 
ierliche Entwicklung der Arbeitsmarktlage.76 Die branchenmäßige Differenzierung 
' Stat. Amt d. Saarl. (Hg.), Saarländische Bevölkerungs- und Wirtschaftszahlen 11/12 (1959/60), S. 43f. 
4 Stat. Amt d. Saarl. (Hg.), Saarländische Bevölkerungs- und Wirtschaftszahlen 9/10 (1957/58), S. 39. 
Damit ist ein bemerkenswerter Gedanke angesprochen, nämlich die Feststellung, daß von der Einglie¬ 
derung in die Bundesrepublik gerade diejenigen Unternehmen besonders hart getroffen wurden, die sich 
in Bezug auf die vorher herrschende Situation besonders anpassungsfähig gezeigt hatten. Vgl. hierzu auch 
Buddeberg, Verlagerung, S. 88, sowie Dohmen, Geld, S. 19. Dies betraf z.B. den Einzelhandel besonders 
stark, vgl. Manfred Schäfer, Vom saarländischen Einzelhandel, in: Die Saar, Wirtschaft und Wiederver¬ 
einigung (= Der Volkswirt I 1 (1957), Sonderheft), S. 51-52; Tietz, Beschaffung, sowie ders., Die Aus¬ 
wirkungen der wirtschaftlichen Eingliederung in ausgewählten Branchen des Saarländischen Einzel¬ 
handels. Ergebnisse aus Betriebsvergleichen und Betriebsuntersuchungen für das zweite Halbjahr 1958 
und das zweite Halbjahr 1959, Saarbrücken 1962 (= Einzelschritten des Handelsinstituts an der Universität 
des Saarlandes H. 3). 
75 Landesbank und Girozentrale Saar (Hg.), Wirtschaftsberichte 1958, Saarbrücken 1958, H. 3, S. 43. Stat. 
Amt d. Saarl. (Hg.), Saarländische Bevölkerungs- und Wirtschaftszahlen 9/10 (1957/58), S. 39. 
76 Stat. Amt d. Saarl. (Hg.), Saarländische Bevölkerungs- und Wirtschaftszahlen 9/10 (1957/58), S. 9. 
Landesbank und Girozentrale Saar (Hg.), Wirtschaftsberichte 1958, Saarbrücken 1958, Heft3, S. 38. Nicht 
zuletzt durch die wieder zugelassenen deutschen Banken und Versicherungen entstand Bedarf an weibli¬ 
chen Beschäftigten; deren Zahl in diesem Sektor hatte sich gegenüber 1949 von 10.000 auf 24.000 um 
mehr als das Doppelte vergrößert; Stat. Amt d. Saarl. (Hg.), Saarländische Bevölkerungs- und Wirtschafts- 
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