interessante Festlegung erfolgte hinsichtlich der saarländischen Universität, die in
Zukunft als rein deutsche und nicht mehr als europäische Einrichtung zu führen sei/"’
Möglicherweise deutete sich hier bereits eine Weiterentwicklung der saarländischen
Verhandlungsposition an, die darauf basierte, im Bereich der Kulturpolitik verstärkt
Druck auf die Verhandlungspartner ausüben zu können.4
Auf der Expertenebene sahen sich die Vertreter des Saarlandes jedoch sehr bald
starkem Druck aus der Bundesrepublik ausgesetzt. Der spätere Referatsleiter im
saarländischen Wirtschaftsministerium referierte schon am 28. März 1956 die deut¬
sche Position gegenüber dem Saarland, nach der die Saar-Regierung die wirtschaftli¬
chen Auswirkungen des Moselkanals auf die Saarwirtschaft überschätze. Der Kanal
verbessere zwar die Rentabilität der lothringischen Eisenhütten, werde aber kaum die
Wettbewerbssituation des Saarlandes nachhaltig beschädigen können. Jedoch seien
positive Wirkungen auf die Ruhrindustrie wegen des günstigeren Bezugs lothringi¬
scher Produkte zu berücksichtigen. Ersatzweise einzuführende Ausnahmetarife der
Bundesbahn seien wohl nur flir echte Notstandsgebiete durchsetzbar, daher sei eine
Rationalisierung der Saarindustrie und die Verbesserung der bestehenden Verkehrs¬
wege sinnvoller. Schließlich, so der Gedankengang weiter, könne „man sich durchaus
auf den Standpunkt stellen ... [die Moselkanalisierung] verstoße gegen den Art. 4c des
Montanvertrags“ und stelle somit eine ungerechtfertigte Subvention dar, gegen die
,jede Regierung“ Klage erheben könne.9* Die Saar-Regierung reagierte auf diese
Zuspitzung der Lage, insbesondere auch durch die innersaarländischen Auseinander¬
setzungen im Vorfeld der Kommunal wahl Anfang Mai, mit einer nun stärker auf die
Öffentlichkeit ausgerichteten Politik." Zunächst nahm das Kabinett eine Presse¬
erklärung des Vorstands der Saarbergwerke zum Anlaß, in aller Schärfe den An¬
spruch auf Selbstbestimmung der saarländischen Politik über den Warndt und die
zukünftige Entwicklung der Kohleförderung zu bekräftigen."10 Zwei Wochen später
gerieten die Expertengespräche erneut ins Stocken. Daß kein französisches Entgegen¬
kommen in der Warndtfrage herbeizuführen war, während gleichzeitig bereits Details
96 Zu den Unsicherheiten bei der teilweise umgesetzten Restrukturierung der Universität vgl. Wolfgang
Müller, „Nur unter Beibehaltung des übernationalen Universitätscharakters“. Eine Denkschrift über die
Universität des Saarlandes 1956, in: Haubrichs, Läufer u. Schneider (Hgg.), Zwischen Saar und Mosel,
S. 473-485.
97 Jedenfalls wurde diese Linie saarländischer Politik innerhalb der Universität und auch in der Öffentlich¬
keit breit zur Kenntnis genommen, siehe hierzu: Wolfgang Müller, Die Universität des Saarlandes in der
politischen Umbruchsituation 1955/56, in: Rainer Hudemann, Burkhard Jellonnek u. Bernd Rauls unter
Mitarbeit von Marcus Hahn (Hgg.), Grenz-Fall. Das Saarland zwischen Frankreich und Deutschland
1945-1960, St. Ingbert 1997 (= Geschichte, Politik und Gesellschaft. Schriftenreihe der Stiftung Demokra¬
tie Saarland 1), S. 413-426, hier: S. 421 ff.
"s LASB AA 432, Brief Krause-Wichmann an Lorscheider v. 28.3.56.
99 Zum Zusammenhang zwischen den Wahlen und der Verhärtung der französischen Position siehe:
Lappenküper, Deutsch-französische Beziehungen, S. 1127.
100 LASB StK 1713, Kabinettsprotokoll v. 13.4.56. Vgl. hierzu auch Peter Weiant, Merkwürdige Presse¬
konferenz der Saarbergwerke, in: Mitteilungen der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes 12
(1956), S. 306-307.
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