wollte. Damit w'aren Konflikte mit dem bundesdeutschen Partner vorprogrammiert.
Gegenüber den aufgebrachten Reaktionen im Saarland überrascht allerdings der recht
optimistisch gehaltene Bericht Hallsteins über diese Verhandlungsrunde.84 Weniger
hoffnungsvoll gestalteten sich jedoch die Berichte anderer Teilnehmer, die eine
Annäherung weder in der Frage des Moselkanals noch in der Frage der Fördermengen
im Warndt erkennen konnten.8" Selbst der eher vorsichtig formulierte Bericht von
Rolf Lahr bestätigte schließlich die prekäre strategische Lage der saarländischen
Regierung.81 87’ Das französische Junktim zwischen Moselkanal und genereller Zu¬
stimmung zur Eingliederung der Saar nach Deutschland bewertete er als ein Scheitern
der deutsch-saarländischen Verhandlungsstrategie, da somit die von der
Saar-Regierung vorgenommene Koppelung von Moselkanal und französischen
Zugeständnissen in der Warndtfrage nicht durchzusetzen war.8 Heftige Reaktionen
rief diese Verhandlungsrunde daher auch bei den saarländischen Vertretern hervor.
Diese versteiften sich angesichts des französischen Junktims immer mehr auf weitrei¬
chende Forderungen in der Warndtfrage, wurden daraufhin aber von Hallstein mit der
Gefahr des Scheiterns der Verhandlungen konfrontiert, was wohl als mehr oder
weniger sanfter Druck zu verstehen ist.88 Immerhin konnte Hallstein gegenüber den
Saarländern wenigstens von einer vorläufigen - und den saarländischen Wünschen
weitgehend entsprechenden - Fixierung der Eingliederungstermine berichten, welche
die politische Eingliederung - bei Erfüllung der französischen Forderungen - zum 1.
Januar 1957, die wirtschaftliche Eingliederung bis zum 1. Januar 1960 erwarten ließ.
Allerdings war das saarländische Kabinett damit nicht zu beschwichtigen. In der
Sitzung am 19. März 1956 kamen die Regierungsmitglieder überein, von ihrer harten
Haltung in der Wamdtfrage nicht abzurücken und auch die sich anscheinend im
Verlauf der Verhandlungen bereits andeutende Kompromißlinie nicht zu akzeptieren.
Die Saar-Regierung bekräftigte erneut ihre Haltung, daß von saarländischer Seite aus
keine Gespräche über die Moselfrage möglich seien, wenn nicht vorher die Warndt¬
frage zufriedenstellend gelöst sei. Zwar fand man sich bereit, die Festlegung der
Eingliederungstermine zu begrüßen,89 ließ aber gleichzeitig keinen Zweifel daran,
84 „Die Dinge seien in bemerkenswerter Weise in Bewegung gekommen“, die Verhandlungsatmosphäre sei
gut, insbesondere existierten Verhandlungsmöglichkeiten bei der Warndtfrage, LASB AA 436, Vermerk
v. 17.3.56.
85 LASB AA 130, Verhandlungsnotiz v. 16.3.56.
86 Zur Unklarheit über die weitere Entwicklung der Verhandlungen siehe: Lappenküper, Deutsch-franzö¬
sische Beziehungen, S. 1125.
87 LASB AA 436, Vermerk v. 17.3.56.
88 LASB AA 436, Vermerk über eine Besprechung der saarländischen Vertreter mit Staatssekretär
Hallstein am 17.3.56. Hallstein wird dahingehend zitiert, daß für den Fall eines Scheitems der Verhand¬
lungen mit einer Fortsetzung des Status quo zu rechnen sei, „ohne daß eine Intervention der Engländer und
der Amerikaner zu erwarten ist. Wir können es in der gegenwärtigen Weltlage nicht auf einen offenen
Krach mit den drei Westmächten ankommen lassen. Eine Gewaltlösung können wir uns nicht leisten. Das
würde unerfreulicher sein als einige weitere Konzessionen, auch wenn uns diese sehr schwer fallen.“
84 Blind feiert diese Fixierung in seinen Memoiren geradezu euphorisch, Blind, Unruhige Jahre, Bd. 2
S. 128.
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