chen nur die negativen Effekte des Moselkanals für die Saarindustrie aufgezählt, was
kaum als eine für die französischen Partner überzeugende Argumentation bewertet
werden kann, ln dieser Frage, die nach Einschätzung von Brentanos eine „politische
Forderung“ und einen „Schlüsselpunkt“ der Verhandlungen darstellte(,‘; und die
offenbar bereits in der ersten Verhandlungsrunde zum „prealable“ einer Einigung in
der Saarfrage erklärt worden war, verfügte die saarländische Seite somit nicht einmal
über eine ausreichend vorbereitete Kompensationsforderung - wie z.B. die nach Bau
des Saar-Pfalz-Kanals. Zudem hatte die Saar-Regierung in dem genannten Memoran¬
dum sich eigentlich sogar der Möglichkeit einer solchen Ausgleichsforderung be¬
raubt, indem sie nämlich die Wirtschaftlichkeit des Moselkanals bezweifelte und
diesen daher als dem Montanunion-Vertrag zuwiderlaufende Subvention bezeichnete
- eine Argumentation, die nach damaligem Kenntnisstand genauso auch für den
Saar-Pfalz-Kanal galt. Letztlich mußten die saarländischen Vertreter das Recht, zu
dieser Frage überhaupt gehört zu werden, eigens reklamieren. 0 Von noch größerer
Bedeutung für die weiteren Verhandlungen und die Position der Saar-Regierung war
aber die Tatsache, daß es nicht gelang, eine gemeinsame Linie zum Ausgangspunkt
der Lösung der Saarfrage zu fixieren. Auch die Saar-Regierung wollte die bisherigen
rechtlichen Grundlagen des französisch-saarländischen Verhältnisses nicht oder
zumindest nicht in allen Bereichen anerkennen - beispielsweise bezüglich der franzö¬
sischen Abbaurechte im Warndt. Damit blieb praktisch nur der im Referendum
mehrheitlich ausgedrückte Wille der Saarbevölkerung, nämlich eine baldmögliche
Eingliederung nach Deutschland, als allgemein-politische Grundlage der Regierungs¬
politik. 1 Diese Grundposition erwies sich allerdings von Beginn an als wenig trag¬
fähig, da die Saar-Regierung selber in verschiedenen Punkten davon abweichen
mußte, wenn sie z.B. eine Übergangszeit oder besondere Bedingungen für die Zeit
nach der Eingliederung forderte. Dies schwächte auch die Stellung der
Saar-Regierung gegenüber Bonn. Die Bundesregierung ließ von Anfang an keinen
Zweifel daran, jede zu weit gehende Forderung der Saar-Regierung in der Öffentlich¬
keit als „neuen Separatismus“ delegitimieren zu können.
Interessanterweise war das Thema „Saarverhandlungen“ zwischen Mitte Februar und
Mitte März nicht mehr Thema der Beratungen im saarländischen Kabinett. Dadurch
wird die Bewertung der ersten Phase der internationalen Verhandlungen, die auch in
der Literatur umstritten ist, nicht erleichtert. 2 Es zeichneten sich aber mehrere, für die
69 LASB AA 436 Besprechungsvermerk v. 20.2.56.
0 LASB AA 436 Besprechungsvermerk v. 21.2.56; in gleicher Richtung auch: Blind, Unruhige Jahre,
Bd. 2, S. 121, sowie Cahn, Second retour, S. 93ff.
1 Vgl. hierzu Cahn, Second retour, S. 123, und die Sammlung offizieller Dokumente bei Ludwig Dischler,
Das Saarland, 1945-1956. Eine Darstellung der historischen Entwicklung mit den wichtigsten Dokumen¬
ten, 2 Bde. Hamburg 1956, hier: Bd. 1, S. 143.
: Robert H. Schmidt geht davon aus, daß die erste Phase der Verhandlungen aus saarländischer Sicht sehr
erfolgreich verlaufen sei, und fuhrt dies auf die besonders intensive und gründliche Vorbereitung durch
den Lenkungsausschuß sowie die überlegenen Wirtschaftskonzepte des Heimatbunds zurück, vgl. Robert
H. Schmidt, Saarpolitik, Bd. III S. 520. Dagegen sieht C’ahn eher ein Scheitern, zumindest aber einen
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