Full text: Das Saarland im doppelten Strukturwandel 1956 - 1970

Entwicklungsmöglichkeiten in denjenigen Branchen, die weder beim Absatz noch bei 
der Beschattung einen zu intensiven bzw. unausgeglichenen Raumbezug aufwiesen. 
Hierin kann ein Widerspruch zum Mü!ler‘schen Ansatz gesehen werden, der ja die 
Förderung der inneren Verflechtung durch wechselseitig aufeinander angewiesene 
Unternehmen als angemessenes Ziel vorgeschlagen hatte. 
Diesen Ansatz entwickelte Isenberg - auch hier im partiellen Gegensatz zu anderen 
Gutachtern - insofern weiter, als er nach einer Bereinigung des Sozialprodukts um 
Sonder- und externe Einflüsse betonte, daß Kohle und Stahl eine zentrale Bedeutung 
für die „Existenzgrundlage“11' des Saarlandes zuzumessen sei.1’4 Insofern sei die 
starke Exportorientierung der Region eine aus der Wirtschaftsstruktur resultierende 
Besonderheit, welche die Grundlage der regionalen Wirtschaft weiterhin bestimmen 
werde. Isenberg ging jedoch davon aus, daß diese künftige Entwicklung unterdurch¬ 
schnittliche Zuwachsraten beim Bruttosozialprodukt auslösen werde, die mittelfristig 
hohe Transferleistungen aus dem nationalen Umfeld notwendig machen würden.1" 
1.2.2 Vom Saar-Memorandum zum Aktionsprogramm Saar-Westpfalz 
Die Gegenüberstellung der Gutachten zeigt bereits hinsichtlich der fundamentalen 
Rahmendaten erhebliche Unterschiede. Weder über die zukünftige Bevölkerungs¬ 
entwicklung noch über die Entwicklungsaussichten der einzelnen Wirtschafts¬ 
sektoren - und hier insbesondere derjenigen von Kohle und Stahl - bestand Einigkeit 
in der Wissenschaft. Diese Unterschiede sind vor dem Hintergrund der im großen und 
Ganzen ähnlichen Datenlage schwer zu erklären. Große Unterschiede bestanden 
zwischen den einzelnen Arbeiten auch hinsichtlich der Frage, wie die von allen 
Gutachtern als wünschenswertes Ziel verstandene positive Entwicklung der Saarwirt¬ 
schaft zu erreichen sein würde. Dies ist zum Teil damit zu erklären, daß die Arbeiten 
verschiedene Modelle zur Erklärung regionalen Wirtschaftswachstums verwende¬ 
ten.1'6 Vollkommen disparat schließlich gestalteten sich die Vorstellungen der Gut¬ 
achter über die Möglichkeiten zur Implementierung ihrer Analysen und Prognosen in 
der Regionalpolitik. Präzisen Vorgaben über die Ausgestaltung der interkommunalen 
133 Vgl. zu diesem Konzept seine früheren Arbeiten: Gerhard Isenberg, Tragfähigkeit und Wirtschafts¬ 
struktur, Bremen-Horn 1953 {= Veröffentlichungen der Akademie für Raumforschung und Landesplanung 
22); ders., Die ökonomischen Bestimmungsgründe der räumlichen Ordnung, München 1967, und die 
Sammlung verschiedener Methodenaufsätze: ders., Existenzgrundlagen in Stadt- und Landesplanung, 
Tübingen 1965 (= Schriftenreihe der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung 14). 
134 Josef Heinz Müller dagegen hatte im Rahmen seiner Verflechtungsanalysen durch In- 
put-Output-Tabellen ausdrücklich davor gewarnt, die regionalwirtschaftliche Bedeutung des Kohle¬ 
bergbaus zu überschätzen, und statt dessen das Gewicht der unternehmensbezogenen Dienstleistungen 
hervorgehoben, vgl. Josef Heinz Müller, Probleme, S. 67f. 
,3:’ Isenberg, Existenzgrundlagen, S. 133fT. 
136 Einen Überblick über die Wachstumsmodelle und Zielkonzeptionen von Regionalpolitik bieten: 
Karl-Heinz Grünewald, Elemente einer strategieorientierten regionalen Wirtschaftspolitik, Darmstadt 
1984, S. 22-74, und Barbara Jörg, Regionalpolitische Entwicklungskonzepte. Ein Entwicklungsvergleich 
der strukturschwachen Planungsregionen Westpfalz und Regensburg, Regensburg 1992, S. 1-20. 
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