des Saarlandes zu erwarten sei.llx Auch der von ihm - übrigens durchaus zutreffend -
prognostizierte Rückgang der Beschäftigung bei den Saarbergwerken werde dabei
das Problem des Arbeitskräftemangels speziell in diesem Gebiet nicht lösen können,
da großer Mangel vor allem an jungen und gut ausgebildeten Arbeitnehmern in dieser
Branche bestehe. Da selbst ohne weitere Fördermaßnahmen mit der Entstehung von
mindestens 8000 zusätzlichen Arbeitsplätzen in der weiterverarbeitenden Industrie zu
rechnen sei, sei die Haltung der bestehenden Unternehmen, weitere Ansiedlungen
verhindern zu wollen, „von ihrem Standpunkt aus nicht ungerechtfertigt“.* 119 * Da
zudem der Bestand der Hüttenstandorte im Saarland als gesichert anzunehmen sei
und auch nennenswerte Freisetzungen von Arbeitnehmern aus der Landwirtschaft
nicht zu erwarten seien, weil der weitere Rückgang in diesem Sektor um ca. 10.000
Arbeitsstellen vor allem Nebenerwerbslandwirte treffe, seien Spannungen auf dem
Arbeitsmarkt unvermeidlich, zumal mit Ford in Saarlouis möglicherweise ein neues
Großunternehmen eine Betriebsstätte errichten wolle.1211
Die Tietz‘sche Prognose beruhte insofern auf einem Gesamtbild, das ein hohes Maß
an Strukturkonstanz bei nur leicht sinkendem Industrieanteil annahm und vor allem
im nördlichen Landesteil weiterhin stark agrarische Struktur vorsah. Dementspre¬
chend maß Tietz der landesplanerischen und raumordnenden Politik hohe Bedeutung
für die Gestaltung und Durchsetzung des kommenden, notwendigen Strukturwandels
bei. Als Grundlage hierfür wurde die Haushalts- und Finanzsituation einer breiten
Analyse unterzogen. Dabei kam Tietz zu dem Ergebnis, daß die starke Unterfinanzie¬
rung staatlicher und kommunaler Haushalte im Saarland nicht nur den aktuellen
Handlungsspielraum der Verantwortlichen unangemessen einschränke, sondern daß
auch der von Land und Gemeinden gleichermaßen beschrittene Ausweg einer starken
Verschuldung auf Dauer die Entwicklungsmöglichkeiten reduziere.121 Zugleich wurde
aber auch bemängelt, daß die Strukturen und Institutionen der Zusammenarbeit
zwischen Land und Gemeinden, aber auch unter den Gemeinden selber, den Problem¬
stellungen nicht entsprächen. Erfolgversprechende Kooperationen fänden, so Tietz,
in der Regel nur in ganz bestimmten Bereichen statt, während Autarkiebestrebungen
gegenüber der Landeshauptstadt im Raum Saarbrücken eher als kontraproduktiv zu
bewerten seien.122 Mit diesen strukturellen Defiziten sei zu erklären, daß gezielte
us Ebd.,S. 80.
114 Tietz, Saarland, S. 203ff„ Zitat S. 208.
120 Tietz, Teilräume, S. 98tT. Kritisch äußerte sich der Gutachter auch zur künftigen Rolle des Handels in
der saarländischen Wirtschaftsstruktur: „Der vielfach erhoffte Aufschwung des saarländischen Gro߬
handels als Mittler zwischen Frankreich und der übrigen Bundesrepublik ist ausgeblieben und wird auch
im Projektionszeitraum nicht eintreten.“, ebd., S. 112. Vgl. hierzu auch: Bruno Tietz, Zum Standort des
Einzelhandels. Eine Analyse unter Fragestellungen der Raumforschung und Raumordnung dargelegt am
Beispiel des Saarlandes, in: Raumforschung und Raumordnung 23 (1965), S. 1-18.
121 Tietz, Teilräume, S. 16411
122 Ebd., S. 182ff. Die wichtigste Forderung bezog sich auf eine engere Koppelung und Koordination der
Entwicklungsmaßnahmen von Staat, Gemeinden und Wirtschaft durch eine bessere organische Ver¬
flechtung. Einer exakteren Definition der Aufgabenbereiche der Beteiligten sollte dabei eine Erhebung von
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