Regionalpolitik, besonders in der Haushaltspolitik, Mit der Eingliederung kamen
schrittweise die meisten der positiven finanziellen Effekte des „Sonderföderalismus“
der Übergangszeit in Wegfall. Durch die strukturbedingt zu geringen Steuerein¬
nahmen des Landes und durch die im föderalen Finanzausgleichssystem angelegte,
faktische Begrenzung des Haushaltsumfangs war die finanzpolitische Handlungs¬
fähigkeit der Landespolitik so weit eingeschränkt, daß alternative strukturpolitische
Initiativen kaum umsetzbar erschienen. Das föderale Finanzausgleichssystem der
Bundesrepublik war insofern nicht nur nicht geeignet, die Finanzierungsgrundlagen
des Landes zu sichern, sondern bot auch keine eindeutigen Anreize für eine an¬
gemessene Perzeption und Lösung der Probleme des regionalen Strukturwandels.
Ähnliches galt für den Bereich von Landesplanung und Raumordnung: Die zeitgenös¬
sische bundesdeutsche Diskussion hierzu befand sich zum Zeitpunkt der Einglie¬
derung in einer sehr dynamischen Phase. Mit seinem speziellen Profil als industrielles
Problemgebiet entsprach das Saarland nicht den bis dahin entwickelten Prinzipien der
Regionalpolitik im bundesdeutschen Föderalismus. Dies war aber im Saarland
insofern eine politisch besonders sensible Frage, weil die Politik des Landes gegen¬
über den Gemeinden in der Zeit der Teilautonomie seit dem Wiederaufbau heftig
umstritten war. Daher war es schwer absehbar, wie sich die besonders im Gutachter¬
streit entwickelten neuen Konzepte in eine auch vor dem Wähler erfolgversprechende
Strategie umsetzen lassen würden. Insbesondere bezüglich der von Gerhard Isbary
öffentlichkeitswirksam aufgeworfenen Frage nach der Qualität des Landes als Pla¬
nungsregion verfuhr die saarländische Politik daher dilatorisch. Statt dessen wur¬
de - den Traditionen aus der Zeit der Teilautonomie folgend - weitgehend auf all¬
gemeine planerische und konzeptionelle Ansätze zugunsten einer direkten, auf
konkrete Einzelprojekte bezogenen Investitionspolitik verzichtet. Daran zeigt sich
einerseits, daß die von Gerold Ambrosius geschilderte „Integration der unterschied¬
lichsten Gesetzes- und Politikbereiche unter raumordnungspolitischer Perspektive“
im Saarland sehr schwierig war.162 Andererseits stellt dies aber insofern auch eine
Parallele zur Bundesrepublik dar, als die Raumordnung auch dort nicht als „explizites
Konzept“ entstanden ist.163 Zu fragen ist daher aber, ob auch im Saarland - wie auf
Bonner Ebene - der „eigentliche Durchbruch“ zur „angewandten Planung“ auf dem
„strategischen Feld der Wirtschaftspolitik“ erfolgte.164
162 Ambrosius, Staat, S. 54ff.
163 Werner Väth, Raumplanung. Probleme der räumlichen Entwicklung und Raumordnungspolitik in der
Bundesrepublik Deutschland, Königstein 1980, hier: S. 131.
164 Ruck, Planungsgeschichte, S. 380.
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